Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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498 VIII. Vas Seyn<br />
276. Vas Seyn und die Sprache<br />
499<br />
Je nach der Auslegung des animal rationale und je nach der<br />
Fassung des Zusammenhangs der ratio (des Wortes) mit dem<br />
Seienden und Seiendsten (deus) ergeben sich Abwandlungen<br />
der »Sprach-philosophie«. Auch da, wo diese Bezeichnung nicht<br />
eigens gebraucht wird, gelangt die Sprache als ein vorhandener<br />
Gegenstand (Werkzeug - gestaltungsfahiges Gebilde und<br />
Schopfergabe) in den Bereich der philosophischen Betrachtung<br />
neben anderen Gegenstanden (Kunst, Natur u.s.f.). So gewiB<br />
man zugeben mag, daB dieses Sondergebilde doch wieder alles<br />
Vorstellen begleite und somit iiber den ganzen Bereich des<br />
Seienden als eine Ausdrucksweise desselben sich erstrecke, so<br />
wenig iiberschreitet die Betrachtung damit jene anfangliche<br />
Bestimmung der Sprache, durch die sie unbestimmt genug zum<br />
Seienden und zum Menschen in den Bezug gestellt bleibt.<br />
Kaum daB man versucht, aus diesem Bezug <strong>zur</strong> Sprache und<br />
von dieser her das Wesen des Menschen und sein Verhaltnis<br />
zum Seienden und umgekehrt urspriinglicher zu fassen. Denn<br />
dies verlangte schon, die Sprache gleichsam bezugsfrei zu setzen.<br />
Wohin aber soll sie gegriindet werden, da ein Vorhandensein<br />
der Sprache an sich offenkundig jeder Erfahrung zuwidergeht?<br />
Bedenken wir dazu, daB »die« Sprache iiberhaupt niemals<br />
ist, sondem Sprache nur sein kann als ungeschichtliche (»Sprache«<br />
der sogenannten Naturvolker) und als geschichtliche, ermessen<br />
wir dariiber hinaus, wie dunkel das Wesen der Geschichte,<br />
trotz der Verstandlichkeit der Historie, fiir uns bleibt,<br />
dann scheinen sich sogleich alle Versuche, das »Wesen« der<br />
Sprache zu fassen, im Beginn des Wegeszu verwirren; und alle<br />
historische Sammlung bisheriger Ansichten iiber die Sprache<br />
mag belehrend sein, sie vermag doch nie iiber den festgelegten<br />
metaphysischen Bezugskreis der Sprache zum Menschen und<br />
zum Seienden hinauszufiihren. Dies aber ist doch die erste<br />
wirkliche Frage: ob dann nicht mit der geschichtlich sogar anfanglich<br />
notwendigen Deutung der Sprache yom Myor; her<br />
und mit der so vorgezeichneten Einfiigung in den metaphysi<br />
schen Bezugskreis die Moglichkeit der Wesensbestimmung<br />
der Sprache auf den Besinnungsraum der Metaphysik eingeschrankt<br />
wurde? Wenn nun aber die Metaphysik selbst und ihr<br />
Fragen in ihrer wesentlichen Beschriinkung auf die Frage nach<br />
der Seiendheit erkannt ist und die Einsicht gelingt, daB bei<br />
diesem metaphysischen Fragen nach dem Seienden im Ganzen<br />
gleichwohl noch nicht alles und gerade das Wesentlichste, das<br />
ist, erfragt werden konnte, namlich das Seyn selbst und seine<br />
Wahrheit, dann offnet sich hier eine andere Aussicht: das Seyn<br />
und nichts Geringeres als dessen eigenste Wesung konnte gar<br />
jenen Grund der Sprache ausmachen, aus dem her sie die Eignung<br />
schopfte, dasjenige, in bezug worauf sie metaphysisch<br />
erklart wird, selbst erst von sich aus zu bestimmen.<br />
Die erste wirkliche Frage, mit der zugleich alle Sprachphilosophie<br />
als solche (d. h. als Sprachmetaphysik und in der Folge<br />
als Sprachpsychologie usw.) hinfallig wird, ist die nach dem<br />
Bezug der Sprache zum Seyn, eine Frage, die freilich in dieser<br />
Form noch gar nicht trifft, was sie fragt. Dieser Bezug laBt sich<br />
aber auf einem Wege verdeutlichen, der zugleich noch jenen<br />
Bereich in den Blick faBt, der in der bisherigen Betrachtung<br />
iiber die Sprache immer leitend war.<br />
Nach der rechtverstandenen und bis heute giiltigen Bestimmung<br />
des Menschen als animal rationale ist die Sprache mit<br />
dem Menschen gegeben und dies so gewiB, daB auch in der<br />
Umkehrung gesagt werden kann, mit der Sprache erst ist der<br />
Mensch gegeben. Sprache und Mensch bestimrnen sich wechselweise.<br />
Wodurch wird das moglich? Sind beide in gewisser<br />
Hinsicht dasselbe, und in welcher Hinsicht sind sie dies? Kraft<br />
ihrer Zugehorigkeit zum Seyn. Was bedeutet dies: zum Seyn<br />
gehoren? Der Mensch gehort als ein Seiendes zum Seienden<br />
und untersteht so der allgemeinsten Bestimmung, daB er ist<br />
und so und so ist. Allein, das zeichnet den Menschen nieht als<br />
Menschen aus, sondem setzt ihn nur als Seiendes mit allem<br />
Seienden gleich. Der Mensch aber kann zum Seyn (nicht nur<br />
unter das Seiende) gehoren, sofem er aus dieser Zugehorigkeit<br />
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