Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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64 I. Vorblick<br />
28. Die Unermef31ichkeit des anfanglichen Denkens ... 65<br />
schafft werden. Wie sich diese Auffassung des Denkens dann<br />
mit der Ansetzung und Gewinnung von »Kategorien« verkoppelt<br />
und die >Denkform< der Aussage maBgebend wird.<br />
Dieses Denken war einmal - im ersten Anfang - bei Plato<br />
und Aristoteles noch schopferisch. Aber es schuf eben den Bereich,<br />
in dem sich kiinftig das Vorstellen des Seienden als solchen<br />
melt, in dem dann die Seinsverlassenheit sich immer verdeckter<br />
entfaltete.<br />
Das anfangliche Denken ist der urspriingliche Vollzug von<br />
Anklang, Zuspiel, Sprung und Griindung in ihrer Einheit.<br />
Vollzug will hier sagen, daB diese - Anklang, Zuspiel, Sprung,<br />
Griindung in ihrer Einheit - je nur menschenhaft iibemommen<br />
und ausgestanden werden, daB sie selbst immer wesentlich ein<br />
Anderes sind und zum Geschehnis des Da-seins gehoren.<br />
Die Scharfe des Sagens in diesem Denken und die Einfachheit<br />
des pragenden Wortes messen sich an einer Begrifflichkeit,<br />
die jeden bloBen Scharfsinn als leere Zudringlichkeit abweist.<br />
Begriffen wird, was hier einzig und immer zu begreifen ist, das<br />
Seyn je nur in der Fiigung jener Fugen. Niemals laBt sich das<br />
herrschaftliche Wissen dieses Denkens in einem Satz sagen.<br />
Aber ebenso wenig kann das zu Wissende einem unbestimmten<br />
flackemden Vorstellen iiberlassen bleiben.<br />
Begriff ist hier urspriinglich »Inbegrifj«, und dieser zuerst<br />
und immer bezogen auf den mitgehenden Zusammengriff der<br />
Kehre im <strong>Ereignis</strong>.<br />
Zunachst kann die Inbegrifflichkeit angezeigt werden durch<br />
den Bezug, den jeder Seinsbegriff als Begrifj, d. h. in seiner<br />
Wahrheit zum Da-sein hat und damit <strong>zur</strong> Instandigkeit des<br />
geschichtlichen Menschen. Sofem aber Da-sein erst sich griindet<br />
als Zugehorigkeit zum Zuruf in der Kehre des <strong>Ereignis</strong>ses,<br />
liegt das Innigste des Inbegriffs im Begreifen der Kehre selbst,<br />
in jenem Wissen, das, die Not der Seinsverlassenheit ausstehend,<br />
innesteht in der Bereitschaft zum Zuruf; in jenem Wissen,<br />
das spricht, indem es zuvor aus der ausstehenden Instandigkeit<br />
im Da-sein schweigt.<br />
In-begriff ist hier nie das Ein-begreifen im Sinne der gattungsmaBigen<br />
Umfassung, sondem meint das aus der Instandigkeit<br />
kommende und die Innigkeit der Kehre in die lichtende<br />
Verbergung hebende Wissen.<br />
28. Die Unermef3lichkeit des anfanglichen Denkens<br />
als des endlichen Denkens<br />
Dieses Denken und seine von ihm entfaltete Ordnung steht<br />
auBerhalb der Frage, ob zu ihm ein System gehore oder nicht.<br />
»System« ist nur moglich im Gefolge der Herrschaft des mathematischen<br />
(im weiten Sinne) Denkens (vgl. WS. 35/6*). Ein<br />
Denken, das auBerhalb dieses Bereiches und der entsprechenden<br />
Bestimmung der Wahrheit als GewiBheit steht, ist daher<br />
wesentlich ohne System, un-systematisch; aber deshalb nicht<br />
willkiirlich und wirr. Un-systematisch besagt nur dann soviel<br />
wie »wirr« und ungeordnet, wenn esam System gemessen<br />
wird.<br />
Das anfangliche Denken im anderen Anfang hat die andersartige<br />
Strenge: die Freiheit der Fiigung seiner Fugen. Hier<br />
fiigt sich das Eine zum Anderen aus der Herrschaftlichkeit des<br />
fragenden Zugehorens zum Zuruf.<br />
Die Strenge der Verhaltenheit ist eine andere als die der<br />
»Exaktheit« des losgelassenen, jedermann gleichgehorigen und<br />
gleichgiiltigen »Raisonierens« mit seinen fiir solche GewiBheitsanspriiche<br />
zwingenden Ergebnissen. Hier ist ein Zwingendes<br />
nur, weil der Anspruch auf Wahrheit sich begniigt mit der<br />
Richtigkeit der Herleitung und Einpassung in eine gerichtete<br />
und errechenbare Ordnung. Diese Geniigsamkeit der Grund<br />
des Zwingenden.<br />
"' Vorlesung Wintersemester 1935/36 »Die Frage nach dem Ding. Zu<br />
Kants Lehre von den transzendentalen Grundsatzen« (Gesamtausgabe Band<br />
41)