Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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158 II. Der Anklang<br />
77. experiri - experientia - experimentum . .. 159<br />
24. Allein, das groBe Entsetzen kommt nur aus dem wesentlichen,<br />
schon im anderen Anfang stehenden Wissen, niemals<br />
aus der Ohnmacht und bloBen Ratlosigkeit. Das Wissen<br />
aber ist die Instandigkeit in der Fragwiirdigkeit des<br />
Seyns, das so seine einzige Wiirde wahrt, daB es sich selten<br />
genug verschenkt in der Verweigerung als das verborgene<br />
<strong>Ereignis</strong> des Vorbeigangs der Entscheidung iiber die Ankunft<br />
und Flucht der Gotter im Seienden. Welcher Zukiinftige<br />
griindet diesen Augenblick des Vorbeigangs zum Anfang<br />
eines anderen »Zeitalters«, will sagen: einer anderen<br />
Geschichte des Seyns?<br />
Die Auflosung und Zusammenschiebung<br />
der wissenschaftlichen tragenden Fakultiiten<br />
haltliche Bereicherung und Befriedigung finden und vielleicht<br />
in der Lehre noch geltend machen, aber dieses alles beweist<br />
nichts gegen den Vorgang, in den die gesamte Einrichtung<br />
»Wissenschaft« unwiderruflich eingefUgt ist. Die Wissenschaft<br />
wird nicht nur nie sich daraus losen konnen, sondern sie wird<br />
die Loslosung auch und vor allem nie wollen und, je mehr sie<br />
fortschreitet, umso weniger wollen konnen.<br />
Dieser Vorgang ist aber vor allem auch nicht etwa eine Erscheinung<br />
der jetzigen deutschen Universitat, sondem er trifft<br />
alles, was irgendwo und wann kiinftig als »Wissenschaft« wird<br />
noch mitsprechen wollen.<br />
Wenn bisherige und friihere Einrichtungsformen sich dabei<br />
noch lange erhalten, so werden sie eines Tages nur umso entschiedener<br />
das deutlich werden lassen, was hinter ihrem scheinbaren<br />
Schutz sich begeben hat.<br />
Die historischen Geisteswissenschaften werden <strong>zur</strong> Zeitungswissenschaft.<br />
Die Naturwissenschaften werden <strong>zur</strong> l11aschinenwissenschaft.<br />
77. experiri - experientia - experimentum - »Experiment«<br />
»Zeitung« und »Maschine« sind im wesentlichen Sinne gemeint<br />
als die vordrangenden Weisen der endgiiltigen (fUr die<br />
E\1ltELQLU - Erfahrung - Versuch<br />
Neuzeit <strong>zur</strong> Vollendung treibenden) Vergegenstandlichung, die<br />
in sich alle Sachhaltigkeit des Seienden aufsaugt und dieses<br />
selbst nur noch als AnlaB des Erlebens.<br />
Durch diesen Vorrang des Vorgehens in der Einrichtung und<br />
Herrichtung kommen beide Gruppen von Wissenschaften in<br />
die Dbereinstimmung hinsichtlich des Wesentlichen, d. h. ihres<br />
Betriebscharakters.<br />
Diese »Entwicklung« der neuzeitlichen Wissenschaft in ihr<br />
Wesen ist heute erst Wenigen sichtbar und wird von den meisten<br />
als nicht vorhanden <strong>zur</strong>iickgewiesen werden. Sie laBt sich<br />
auch nicht durch Tatsachen beweisen, sondem nur aus einem<br />
Wissen von der Geschichte des Seins her erfassen. Viele<br />
»Forscher« werden sich selbst noch vorstellen als zugehorig zu<br />
den bewahrten Dberlieferungen des 19. Jahrhunderts. Ebenso<br />
viele werden im Bezug zu ihren Gegenstanden noch neue in<br />
Um dem Begriff des wissenschaftlichen Experimentes im Sinne<br />
der heutigen, neuzeitlichen Wissenschaft die hinreichende Bestimmtheit<br />
verschaffen zu konnen, bedarf es eines Durchblicks<br />
durch die Stufen und Weisen des »Erfahrens«, in deren Zusammenhang<br />
das »Experiment« gehort. Die lange Geschichte<br />
des Wortes (und d. h. zugleich der Sache), das mit dem Namen<br />
»Experiment« anklingt, darf nicht dazu verleiten, dort, wo<br />
experimentum und experiri und experientia vorkommen, nun<br />
auch schon die Kenntnis des heutigen »Experimentes« oder<br />
auch nur die unmittelbaren Vorstufen dazu finden zu wollen.<br />
Je klarer dasUnterschiedliche herauskommt, was dasselbe Wort<br />
deckt, umso scharfer wird auch das Wesen des neuzeitlichen<br />
»Experimentes« zu fassen sein oder zum mindesten werden die<br />
Hinsichten sich festlegen lassen, in denen allein dieses Wesen<br />
sichtbar wird. Es sei hier, ohne historischen Verfolg der Wort