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Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe

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124 II. Der Anklang<br />

60. Woher die Notlosigkeit als die hochste Not? 125<br />

staltung trieft von »Erlebnissen«. Und dieses »Erleben« bezeugt,<br />

daB nun auch der Mensch selbst als seiender seines<br />

Seyns verlustig gegangen und zum Raub seiner Jagd nach<br />

Erlebnissen geworden ist.<br />

59. Das Zeitalter der volligen Fraglosigkeit<br />

und Verzauberung<br />

Man pflegt das Zeitalter der »Zivilisation« dasjenige der Ent­<br />

-zauberung zu nennen, und diese scheint eher, ja allein mit der<br />

volligen Fraglosigkeit zusammen zu gehen. Gleichwohl ist es<br />

umgekehrt. Nur muB gewuBt werden, woher die Bezauberung<br />

kommt. Antwort: aus der schrankenlosen Herrschaft der Machenschaft.<br />

Wenn diese in die Endherrschaft kommt, wenn sie<br />

alles durchsetzt, dann sind keine Bedingungen mehr, urn die<br />

Verzauberung noch eigens zu spiiren und gegen sie sich zu<br />

sperren. Die Behexung durch die Technik und ihre sich sHindig<br />

iiberholenden Fortschritte ist nur ein Zeichen dieser Verzauberung,<br />

der zufolge alles auf Berechnung, Nutzung, Ziichtung,<br />

Handlichkeit und Regelung drangt. Sogar der »Geschmack«<br />

wird jetzt Sache dieser Regelung, und Alles kommt auf ein<br />

»gutes Niveau«. Der Durchschnitt wird immer besser, und<br />

kraft dieser Besserung sichert er immer unwiderstehlicher und<br />

unauffalliger seine Herrschaft.<br />

Es ist freilich ein triigerischer SchluB, zu meinen, je hoher<br />

cler Durchschnitt, umso iiberragender werde die Hohe der iiberdurchschnittlichen<br />

Leistungen. Dieser SchluB selbst ist ein verraterisches<br />

Zeichen der Rechenhaftigkeit dieser Haltung. Die<br />

Frage bleibt, ob denn noch iiberhaupt ein Raum fiir das Dberdurchschnittliche<br />

gebraucht wird, ob nicht die Geniigsamkeit<br />

im Durchschnitt immer beruhigter und berechtigter wird, bis<br />

sie sogar sich einredet, selbst das schon geleistet zu haben und<br />

nach Wunsch unmittelbar leisten zu konnen, was der Vber­<br />

-durchschnitt zu bieten beansprucht.<br />

Die standige Niveauhebung des Durchschnittlichen und die<br />

gleichlaufende Verbreitung und Verbreiterung der Niveauebene<br />

bis <strong>zur</strong> Platt/orm aller Betriebsamkeit iiberhaupt ist das<br />

unheimlichste Zeichen des Schwindens der Entscheidungsraume,<br />

ist Zeichen der Seinsverlassenheit.<br />

60. Woher die Notlosigkeit als die hochste Not?<br />

Die Not-Iosigkeit wird am hochsten, wo die SelbstgewiBheit<br />

uniibertreffbar geworden ist, wo alles fiir errechenbar gehalten<br />

wird und wo vor allem entschieden ist, ohne vorherige Frage,<br />

wer wir sind und was wir sollen; wo das Wissen verloren gegangen<br />

und nie eigentlich begriindet wurde, daB das eigentliche<br />

Selbst-sein geschieht im Dber-sich-hinaus-griinden, was<br />

verlangt: die Griindung des Griindungsraumes und seiner Zeit,<br />

was fordert: das Wissen yom Wesen der Wahrheit als des unumganglich<br />

zu Wissenden.<br />

Wo aber»Wahrheit« langst keine Frage mehr ist und schon<br />

der Versuch zu einer solchen Frage abgewiesen wird als Storung<br />

und abseitiges Griibeln, da hat die Not der Seinsverlassenheit<br />

gar keinen Zeit-Raum.<br />

Wo der Besitz des Wahren als des Richtigen auBer Frage<br />

steht und alles Tun und Lassen lenkt, was soll da noch die<br />

Frage nach dem Wesen der Wahrheit?<br />

Und wo gar dieser Besitz des Wahren sich auf Taten berufen<br />

kann, wer mochte da noch in die Nutzlosigkeit einer Wesensfrage<br />

sich verlieren und dem Spott sich aussetzen?<br />

Aus der Verschiittung des Wesens der Wahrheit als des<br />

Grundes des Da-seins und der Geschichtsgriindung kommt die<br />

Notlosigkeit.

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