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Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe

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40 1. Vorblick<br />

14. <strong>Philosophie</strong> und Weltanschauung<br />

41<br />

nen und seiner jeweiligen Lebenserfahrung und eigensten Meinungsbildung<br />

sein kann, daB im Gegenzug hiergegen die<br />

»Weltanschauung« als totale, jede Eigenmeinung ausloschende,<br />

auftreten kann, dies gehort in dasselbe Wesen der Weltanschauung<br />

iiberhaupt. So grenzenlos jene in ihrer Beliebigkeit,<br />

so starr ist diese in ihrer Endgiiltigkeit. Doch leicht zu fassen<br />

ist hier das Gegenwendige und Selbige: die Endgiiltigkeit ist<br />

nur die in die Vollstandigkeit der Allgiiltigkeit ausgeweitete<br />

Einzigkeit, und die Beliebigkeit ist die fiir jeden mogliche Vereinzelung<br />

eines nur ihm Endgiiltigen. Dberall fehIt die Notwendigkeit<br />

des Gewachsenen, aber damit auch die Abgriindigkeit<br />

des Schopferischen.<br />

Jedesmal ist der Verdacht und das MiBtrauen gegen die<br />

<strong>Philosophie</strong> gleich groB und gleich verschieden.<br />

Jede Haltung, die als »totale« die Bestimmung und Regelung<br />

jeglicher Art des Handelns und Denkens in Anspruch<br />

nimmt, muB alles, was dariiber hinaus noch als Notwendigkeit<br />

auftreten konnte, unumganglich unter das Gegnerische und<br />

gar Herabsetzende rechnen. Wie sollte es auch einer »totalen«<br />

Weltanschauung bekommen konnen, daB Solches auch nur<br />

moglich, geschweige denn wesentlich sei, was sie selbst zugleich<br />

untertieft und iiberhoht und in andere Notwendigkeiten einbezieht,<br />

die ihr so wenig von auBen angetragen werden, daB sie<br />

vielmehr aus ihrem verborgenen Grunde entspringen (z. B.<br />

aus dem Wesen des Volkes).<br />

So erwachst hier eine uniibersteigliche Schwierigkeit, die<br />

durch keinen Ausgleich und mit keiner Abrede jemals zu beheben<br />

ist. Die totale Weltanschauung muf3 sich der Eroffnung<br />

ihres Grundes und der Ergriindung des Reiches ihres »Schaffens«<br />

verschlief3en; d. h. ihr Schaffen kann nie ins Wesen kommen<br />

und zum Uber-sich-hinaus-schaffen werden, weil die totale<br />

Weltanschauung damit sich selbst in Frage stellen miif3te. Die<br />

Folge ist die: das Schaffen wird im vorhinein ersetzt durch den<br />

Betrieb. Die Wege und Wagnisse einstmaligen Schaffens werden<br />

in das Riesenhafte der Machenschaft eingerichtet, und die­<br />

ses Machenschaftliche ist der Anschein der Lebendigkeit des<br />

Schopferischen.<br />

Der »Weltanschauung« kann nur das Fragen und die Entschiedenheit<br />

<strong>zur</strong> Fragwiirdigkeit entgegen gestellt werden. Jeder<br />

Versuch der Vermittelung - von welcher Seite er auch kommen<br />

mag - schwacht die Stellungen und beseitigt die Bereichsmoglichkeit<br />

des echten Kampfes.<br />

DaB nun aber der totale politische Glaube und der ebenso<br />

totale christliche Glaube bei ihrer Unvereinbarkeit dennoch<br />

auf den Ausgleich und die Taktik sich einlassen, darf nicht verwundem.<br />

Denn sie sind desselben Wesens. Als totalen Haltungen<br />

liegt ihnen der Verzicht auf wesentliche Entscheidungen<br />

zugrunde. Ihr Kampf ist kein schopferischer Kampf, sondem<br />

»Propaganda« und »Apologetik«.<br />

Hat nun aber nicht auch die <strong>Philosophie</strong> und sie allen voran<br />

den Anspruch auf »das Totale«, vollends, wenn wir sie bestimmen<br />

als das Wissen yom Seienden als solchen im Ganzen? In<br />

der Tat, solange wir in der Form der bisherigen <strong>Philosophie</strong><br />

(der Metaphysik) denken und diese in ihrer christlichen Auspragung<br />

(in der Systematik des deutschen Idealismus) nehmen.<br />

Aber hier gerade ist die <strong>Philosophie</strong> (neuzeitlich) schon auf dem<br />

Wege <strong>zur</strong> »Weltanschauung« (kein Zufall, daB das Wort im<br />

Umkreis dieses »Denkens« mehr und mehr <strong>zur</strong> Geltung<br />

kommt).<br />

Allein, sofem und sobald die <strong>Philosophie</strong> in ihr anfangliches<br />

Wesen <strong>zur</strong>iickfindet (im anderen Anfang) und die Frage nach<br />

der Wahrheit des Seyns <strong>zur</strong> griindenden Mitte wird, enthiillt<br />

sich das Abgriindige der <strong>Philosophie</strong>, die in das Anfangliche<br />

<strong>zur</strong>iiek muB, urn die Zerkliiftung und das Dbersichhinaus, das<br />

Befremdliche und stets Ungewohnliche ins Freie ihrer Besinnung<br />

zu bringen.

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