Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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254 IV. Der Sprung<br />
Einzige bleibt, der die Auslegung der Seiendheit (ouoLa) seit<br />
den Griechen in einen gewissen Bezug <strong>zur</strong> »Zeit« bringt und<br />
damit ZUlli Zeugen wird fur das verborgene Walten des Zusammenhangs<br />
von Seiendheit und Zeit.<br />
Trotzdem behiilt fur ihn, wie schon bei den Griechen, das<br />
Denken (A6yor; - Urteilsformen - Kategorien - Vernunft) die<br />
Vorhand in der Festlegung des Gesichtskreises der Auslegung<br />
des Seienden als solchen. AuBerdem kommt zufolge dem Vorgang<br />
Descartes' das Denken als »Denken« <strong>zur</strong> Herrschaft, und<br />
das Seiende selbst wird, gemiiB demselben geschichtlichen<br />
Grund, zum perceptum (Vorgestellten), zum Gegenstand. Deshalb<br />
kann es nicht zu einer Griindung des Da-seins kommen,<br />
d. h. die Frage nach der Wahrheit des Seyns ist hier unfragbar.<br />
135. Die Wesung des Seyns als <strong>Ereignis</strong><br />
(der Bezug von Da-sein und Seyn)<br />
schlieBt in sich die Er-eignung des Da-seins. Demnach ist streng<br />
genommen die Rede vom Bezug des Da-seins ZUlli Seyn irrefuhrend,<br />
sofern die Meinung nahegelegt wird, als wese das<br />
Seyn »fur sich« und das Da-sein nehme die Beziehung zum<br />
Seyn auf.<br />
Der Bezug des Da-seins zum Seyn gehort in die Wesung des<br />
Seyns selbst, was auch so gesagt werden kann: das Seyn braucht<br />
das Da-sein, west gar nicht ohne diese Ereignung.<br />
So befremdlich ist das Er-eignis, daB es durch den Bezug ZUlli<br />
Anderen erst er-giinzt zu werden scheint, wo es doch von Grund<br />
aus nicht anders west.<br />
Die Rede vom Bezug des Da-seins zum Seyn macht das Seyn<br />
zweideutig, zum Gegenuber, was es nicht ist, sofern es je das,<br />
dem es als Gegenuber wesen solI, selbst erst er-eignet. Daher<br />
ist auch dieser Bezug ganz unvergleichbar mit der Subjekt<br />
Objekt-Beziehung.<br />
136. Das Seyn*<br />
Seyn - der merkwiirdige Irrglaube, das Seyn muBte immer<br />
»sein«, und je stiindiger und liinger es sei, Ulli so »seiender«<br />
sel es.<br />
Aber einmal »ist« das Seyn uberhaupt nicht, sondern west.<br />
Und dann ist Seyn das Seltenste weil Einzigste, und niemand<br />
erschiitzt die wenigen Augenblieke, in denen es eine StiiUe<br />
sich griindet und west.<br />
Wie kommt es, daB der Mensch so sehr am Seyn sich verschiitzt?<br />
Weil er dem Seienden ausgesetzt sein muB, um die<br />
Wahrheit des Seyns zu erfahren. In dieser Aussetzung ist das<br />
Seiende das Wahre, Offene und dieses, weil das Seyn als das<br />
Sichverbergende west.<br />
So hiilt sich der Mensch an das Seiende und macht sich<br />
dienstbar dem Seienden und fiillt der Seynsvergessenheit anheim,<br />
und zwar alles dieses im Anschein, das Eigentliche zu<br />
leisten und dem Seyn nahe zu bleiben.<br />
Nur wo das Seyn als das Sichverbergen sich <strong>zur</strong>uekhiilt, kann<br />
das Seiende auftreten und scheinbar alles beherrschen und die<br />
einzige Schranke gegen das Nichts darstellen. Und dennoch<br />
grundet dieses alles in der Wahrheit des Seyns. Aber dann ist<br />
doch die niichste und einzige Folge, das Seyn in der Verborgen- ./<br />
heit zu lassen und gar zu vergessen. Doch: Seyn in der Verborgenheit<br />
lassen und das Seyn als das Sichverbergende erfahren<br />
ist grundverschieden. Die Erfahrung des Seyns, das Ausstehen<br />
seiner Wahrheit bringt allerdings das Seiende in seine<br />
Schranke <strong>zur</strong>iick und nimmt ihm die scheinbare Einzigkeit seines<br />
Vorrangs. Aber so wird es nicht weniger seiend, im Gegenteil,<br />
seiender, d. h. wesender in der Wesung des Seyns.<br />
Wieviele (aIle) reden jetzt vom »Sein« und meinen nur immer<br />
ein Seiendes und vielleicht jenes, das ihnen die Gelegenheit<br />
des Ausweichens und der Beruhigung verschafft.<br />
.. vgl. Dberlegungen V, 17 f., 34, 51 f.