Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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432<br />
VIII. DasSeyn<br />
mand kennt die Gestalt des kommenden Seienden. Nur dies<br />
Eine mag gewiB sein: daB jedes Er-denken des Seyns und alles<br />
Schaffen aus der Wahrheit des Seyns, ohne den schon behiitenden<br />
Zuspruch des Seienden, andere Krafte des Fragens und des<br />
Sagens, des Werfens und des Tragens braucht, als sie die Geschichte<br />
der Metaphysik jemals hervorbringen konnte. Denn<br />
diese Anderen miissen noch zu ihrem Eigensten das fragende<br />
Gesprach mit dem in heller Tiefe aufgegangenen ersten Anfang<br />
und seiner Geschichte in das Denken einbeziehen und geriistet<br />
sein, mit den Einsamsten des ersten Denkens noch Einsamere<br />
des Abgrundes werden, der im anderen Anfang aIle<br />
Griinde nicht nur tragt, sondern auch durchweht. Was den<br />
bloB Nachgekommenen Gegenstand historischer Gelehrsamkeit<br />
und Forschung und schlieBlich bloB noch schulender Unterrichtung<br />
bleibt, die Geschichte des metaphysischen Denkens in seinen<br />
»Werken«, muB erst Geschichte werden, in der Jegliches<br />
auf seine Einzigkeit sich zusammenzieht und als ein Lichtblick<br />
des Denkens eine Wahrheit des Seyns in dessen eigenen undurchmessenen<br />
Raum verstrahlt. Weil da eine GroBe denkerischen<br />
Daseins ernotigt ist durch das Seyn selbst, deren Gestalt<br />
wir kaum erahnen aus dem dichterischenDasein Holderlins und<br />
aus der schauerlichen Wanderung Nietzsches, weil im Raum<br />
des seinsgeschichtlichen Denkens nur noch dieses GroBe ist,<br />
weshalb auch die Rede von GroBe zu klein bleibt, darum muB<br />
die Vorbereitung solcher Denker aIle Unerbittlichkeit zusammennehmen<br />
und in den klarsten. Unterscheidungen sich bewegen.<br />
Denn nur solche gewahren den Mut <strong>zur</strong> lnstandigkeit im<br />
StoBbereich des Fragwiirdigsten, das von den Gottem gebraucht<br />
und yom Menschen vergessen, und das wir das Seyn<br />
nennen.<br />
Der Unterschied in der Frage nach dem Sein kann formelhaft<br />
durch zwei Titel festgehalten werden; der eine lautet: Sein<br />
und Denken, der andere: Sein und Zeit. 1m ersten ist das Sein<br />
verstanden als die Seiendheit des Seienden; im anderen als das<br />
Sein, dessen Wahrheit erfragt wird. 1m ersten meint »Denken«<br />
259. Die <strong>Philosophie</strong><br />
den Leitfaden, an dem entlang das Seiende auf seine Seiendheit<br />
abgefragt wird: das vorstellende Aussagen. 1m anderen<br />
meint »Zeit« die erste Anzeige des Wesens der Wahrheit im<br />
Sinne der entriickungsmaBig offenen Lichtung des Spielraums,<br />
in dem das Seyn sich verbirgt und verbergend sich erstmals<br />
eigens in seine Wahrheit verschenkt. Beide Titel sind in ihrem<br />
Verhaltnis demnach keinesfalls so zu deuten, daB im zweiten<br />
nur das »Denken« im ersten durch die »Zeit« ersetzt ware, als<br />
sollte dieselbe Frage nach der Seiendheit des Seienden nunmehr<br />
statt am Leitfaden des aussagenden Vorstellens an dem<br />
der Zeit vollzogen werden, wobei dann noch die »Zeit« sogleich<br />
nach ihrem gewohnlichen Begriff gedacht wird. Vielmehr ist<br />
die »Rolle« des Denkens und diejenige der »Zeit« jedesmal<br />
eine grundverschiedene; ihre Bestimmung gibt dem >>und« in<br />
beiden Titeln eine je eigene Eindeutigkeit. Zugleich aber ist<br />
durch das Fragen nach dem Sein im Sinne des Titels »Sein und<br />
Zeit« eine Moglichkeit geschaffen, die Geschichte der Seinsfrage<br />
im Sinne des Titels »Sein und Denken« urspriinglicher,<br />
d. h. seinsgeschichtlich zu begreifen und die in der Geschichte<br />
der Metaphysik notwendig unerfragte Wahrheit des Seins zuerst<br />
im Zeitcharakter des Seins sichtbar zu machen durch den<br />
Hinweis auf das Walten der Anwesung und Bestandigkeit im /<br />
Wesen der