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Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe

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140 II. Der Anklang<br />

73. Die Seinsverlassenheit und »die Wissenschaft« 141<br />

auf Grund der sozialen Leistungen fiir sich die allerchristlichste<br />

Christlichkeit in Anspruch nimmt. Dieser Nihilismus hat seine<br />

ganze Gefahrlichkeit darin, daB er sich vollig versteckt und<br />

gegen das, was man den groben Nihilismus nennen konnte<br />

(z. B. den Boischewismus) scharf und mit Recht absetzt. Allein,<br />

das Wesen des Nihilismus ist eben so abgriindig (weil er in die<br />

Wahrheit des Seyns und die Entscheidung dariiber hinabreicht),<br />

daB gerade diese gegensatzlichsten Formen zu ihm gehoren<br />

konnen und mussen. Und deshalb will es auch scheinen,<br />

als sei der Nihilismus ins Ganze und Griindliche gerechnet unuberwindbar.<br />

Wenn die zwei auBersten Gegenformen des Nihilismus<br />

sich und zwar notwendig am scharfsten bekampfen,<br />

dann fiihrt dieser Kampf so oder so zum Sieg des Nihilismus,<br />

d. h. zu seiner erneuten Verfestigung und vermutlich in der<br />

Gestalt, daB man sich selbst verbietet, je noch zu meinen, der<br />

Nihilismus sei noch am Werk.<br />

Das Seyn hat so griindlich das Seiende verlassen und dieses<br />

der Machenschaft und dem »Erleben« anheimgesteIlt, daB notwendigerweise<br />

jene scheinbaren Rettungsversuche der abendlandischen<br />

Kultur, daB aIle »Kulturpolitik« <strong>zur</strong> verfanglichsten<br />

und damit <strong>zur</strong> Hochstgestalt des Nihilismus werden mussen.<br />

Und das ist ein ProzeB, der nicht an einzelne Menschen und<br />

ihre Handlungen und Lehren geknupft ist, der vielmehr nur<br />

das innere Wesen des Nihilismus in die ihm zugewiesene reinste<br />

Gestalt hinaustreibt. Die Besinnung hierauf bedarf freilich<br />

schon eines Standortes, von dem aus weder eine Tauschung<br />

moglich ist von seiten des vielen »Guten« und »Fortschrittlichen«<br />

und »Riesenhaften«, was geleistet wird, noch gar eine<br />

bloBe Verzweiflung heraufkommt, die nur noch vor der volligen<br />

Sinnlosigkeit das Auge nicht verschlieBt. Dieser Standort,<br />

der sich selbst erst Raum und Zeit neu griindet, ist das Da-sein,<br />

auf dessen Grunde erstmals das Seyn selbst ins Wissen kommt,<br />

als die Verweigerung und damit als das Er-eignis. In der<br />

Grunderfahrung, daB der Mensch als Griinder des Da-seins<br />

gebraucht wird von der Gottheit des anderen Gottes, bahnt sich<br />

die Vorbereitung der Dberwindung des Nihilismus an. Aber<br />

das Unumganglichste und Schwerste in dieser Dberwindung ist<br />

das Wissen yom Nihilismus.<br />

Dieses Wissen darf weder am Wort noch an der ersten Verdeutlichung<br />

des Gemeinten durch Nietzsche haften bleiben,<br />

sondern muB als das Wesen erkennen die Seinsverlassenheit.<br />

7J. Die Seinsverlassenheit und »die W issenschaft«*<br />

In Wahrheit reicht die neuzeitliche und heutige Wissenschaft<br />

unmittelbar nirgends in das Feld der Entscheidung uber das<br />

Wesen des Seyns. Warum aber gehort dennoch die Besinnung<br />

auf »die Wissenschaft« in die Vorbereitung des Anklangs?<br />

Die Seinsverlassenheit ist die anfanglich vorgebildete Folge<br />

der Auslegung der Seiendheit des Seienden am Leitfaden des<br />

Denkens und des hierdurch bedingten fruhen Einsturzes der<br />

selbst nicht eigens gegrundeten &A~{}ELa..<br />

Weil nun aber in der Neuzeit und als Neuzeit die Wahrheit<br />

in der Gestalt der GewiBheit und diese in der Form des sich<br />

selbst unmittelbar denkenden Denkens des Seienden als des vor­<br />

-gestellten Gegen-standes festliegt und in der Festlegung dieses<br />

Festliegenden die Begriindung der Neuzeit besteht, und weil<br />

diese GewiBheit des Denkens in der Einrichtung und Betreibung<br />

der neuzeitlichen »Wissenschaft« sich entfaltet, wird die<br />

Seinsverlassenheit (und d. h. zugleich das Niederhalten der<br />

&A~{}ELa. bis <strong>zur</strong> Niederzwingung in die Vergessenheit) wesentlich<br />

durch die neuzeitliche Wissenschaft mitentschieden, und<br />

zwar immer nur, sotern diese beansprucht, ein oder gar das<br />

maBgebende Wissen zu sein. Deshalb ist eine Besinnung auf<br />

die neuzeitliche Wissenschaft und ihr machenschaftlich verwurzeltes<br />

Wesen innerhalb des Versuches einer Hinweisung auf<br />

die Seinsverlassenheit als Anklang des Seyns unumganglich.<br />

* vgl. Der Anklang, 76. S1itze tiber »die Wissenschaft«

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