Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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54 I. Vorblick<br />
Hier ist in der Tat das Fragen der Frage: wer wir sind, gefiihrlicher<br />
als jede andere Gegnerschaft, die einem je auf derselben<br />
Ebene einer GewiBheit iiber den Menschen begegnet<br />
(die Endform des Marxismus, die wesentlich weder mit Judentum<br />
noch gar mit dem Russentum etwas zu tun hat; wenn irgendwo<br />
noch ein unentfalteter Spiritualismus schlummert,<br />
dann im russischen Volk; der Bolschewismus ist urspriinglich<br />
westlich, europaische Moglichkeit: das Heraufkommen der<br />
Massen, die Industrie, Technik, das Absterben des Christenturns;<br />
sofem aber die Vemunftherrschaft als Gleichsetzung aller<br />
nur die Folge des Christentums ist und dieses im Grunde jiidischen<br />
Ursprungs (vgl. Nietzsches Gedanke yom Sklavenaufstand<br />
der Moral), ist der Bolschewismus in der Tat jiidisch; aber<br />
dann ist auch das Christentum im Grunde bolschewistisch! Und<br />
welche Entscheidungen werden von hier aus notwendig?).<br />
Aber die Gefahrlichkeit der Frage, wer wir sind, ist zugleich,<br />
wenn Gefahr das Hochste emotigen kann, der einzige Weg, urn<br />
zu uns selbst zu kommen und damit die urspriingliche Rettung,<br />
d. h. Rechtfertigung des Abendlandes aus seiner Geschichte, anzubahnen.<br />
Die GeHi.hrlichkeit dieser Frage ist so wesentlich in sich fiir<br />
uns, daB sie den Anschein der Gegnerschaft zum neuen deutschen<br />
Willen verliert.<br />
Aber diese Frage muB als philosophische auf lange hinaus<br />
vorbereitet werden und kann nicht, so sie sich selbst versteht,<br />
beanspruchen, das unmittelbar im Augenblick notige Vorgehen<br />
ersetzen oder auch nur bestimmen zu wollen.<br />
Zumal die Frage: wer wir sind, rein und vollig eingefiigt<br />
bleiben mu13 in das Fragen der Grundfrage: wie west das Seyn?<br />
20. Der Anfang und das anfiingliche Denken*<br />
Der Anfang ist das Sichgriindende Vorausgreifende; sich griindend<br />
in den durch ihn er-griindeten Grund; vorausgreifend als<br />
griindend und deshalb uniiberholbar. Weil jeder Anfang uniiberholbar<br />
ist, deshalb muB er stets wiederholt, in der Auseinandersetzung<br />
in die Einzigkeit seiner Anfanglichkeit und damit<br />
seines unumgehbaren Vorgreifens gesetzt werden. Diese<br />
Auseinandersetzung ist dann urspriingliche, wenn sie selbst<br />
anfanglich ist, dies aber notwendig als anderer Anfang.<br />
Nur das Einmalige ist wieder-holbar. Nur es hat in sich den<br />
Grund der Notwendigkeit, daB wieder zu ihm <strong>zur</strong>iickgegangen<br />
und seine Anfanglichkeit iibemommen wird. Wieder-holung<br />
meint hier nicht die dumme Oberflachlichkeit und Unmoglichkeit<br />
des bloBen Vorkommens desselben zum zweiten und dritten<br />
Mal. Denn der Anfang kann nie als dasselbe gefaBt werden,<br />
weil er vorgreifend ist und so je das durch ihn Angefangene<br />
anders iibergreift und demgemaB die Wieder-holung<br />
seiner bestimmt.<br />
Das Anfangliche ist nie das Neue, weil dieses nur das fliichtig<br />
nur Gestrige. Der Anfang ist auch nie das »Ewige«, weil er<br />
gerade nicht heraus- und weg-gestellt wird aus der Geschichte.<br />
Was aber ist der Anfang des Denkens - in der Bedeutung<br />
der Besinnung auf das Seiende als solches und die Wahrheit des<br />
Seyns?<br />
* iiber den »Anfang« vgl. Vorlesung Sommersemester 1932 »Der Anfang<br />
der abendHindischen <strong>Philosophie</strong>« (Gesamtausgabe Band 35); Rektoratsrede<br />
1933 »Die Selbstbehauptung der deutschen Universitiit« (Gesamtausgabe<br />
Band 16); Freiburger Vortrag 1935 »<strong>Vom</strong> Ursprung des Kunstwerks«