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Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe

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144 II. Der Anklang<br />

75. Zur Besinnung auf die Wissenschaft 76. Siitze iiber »die Wissenschaft«*<br />

Es gibt heute zwei Wege und nur zwei Wege einer Besinnung<br />

auf »die Wissenschaft«.<br />

Der eine begreift die Wissenschaft nicht als die jetzt vorhandene<br />

Einrichtung, sondem als eine bestimmte Moglichkeit der<br />

Entfaltung und des Aufbaues eines Wissens, dessen Wesen<br />

selbst erst in einer urspriinglicheren Begriindung der Wahrheit<br />

des Seyns verwurzelt ist. Diese Begriindung voIlzieht sich als<br />

erstmalige Auseinandersetzung mit dem Anfang des abend­<br />

Hindischen Denkens und wird zugleich zum anderen Anfang<br />

der abendlandischen Geschichte. Die so gerichtete Besinnung<br />

auf die Wissenschaft geht ebenso entschieden <strong>zur</strong>uck in ein<br />

Gewesenes, wie sie alles wagend ausgreift in ein Kiinftiges. Sie<br />

bewegt sich nirgends in der Erorterung eines Gegenwartigen<br />

und seiner unmittelbaren Bewerkstelligung. Yom Gegenwartigen<br />

aus gerechnet verliert sich diese Besinnung auf die Wissenschaft<br />

im Unwirklichen, was ftir aIle Rechnung sogleich auch<br />

das Unmogliche bedeutet (vgl. Die Selbstbehauptung der deutschen<br />

Universitat*).<br />

Der andere Weg, der in den folgenden Leitsatzen vorgezeichnet<br />

sei, begreift die Wissenschaft in ihrer jetzigen wirklichen<br />

Verfassung. Diese Besinnung versucht, das neuzeitliche Wesen<br />

der Wissenschaft nach den ihm zugehorigen Strebungen zu fassen.<br />

Aber als Besinnung ist auch sie keine bloBe Beschreibung<br />

eines vorhandenen Zustandes, sondem die Herausstellung eines<br />

Vorganges, sofem er auf eine Entscheidung tiber die Wahrheit<br />

der Wissenschaft zutreibt. Diese Besinnung bleibt von denselben<br />

MaBstaben wie die erste geleitet und ist nur die Kehrseite<br />

zujener.<br />

* Rektoratsrede 1933 (Gesamtausgabe Band 16)<br />

1. »Wissenschaft« muB immer im neuzeitlichen Sinne verstanden<br />

werden. Die mittelalterliche »Lehre« und die griechische<br />

»Erkenntnis« sind davongrundverschieden, wenngleich<br />

sie mittelbar und gewandelt das mitbestimmen, was wir<br />

heute als »Wissenschaft« kennen und allein auch, gemaB<br />

unserer geschichtlichen Lage, betreiben konnen.<br />

2. Damach ist »die Wissenschaft« selbst kein Wissen (n. 23)<br />

im Sinne der Griindung und Bewahrung einer wesentlichen<br />

Wahrheit. Die Wissenschaft ist eine abgeleitete Einrichtung<br />

eines Wissens, d. h. die machenschaftliche Aufmachung eines<br />

Umkreises von Richtigkeiten innerhalb eines sonst verborgenen<br />

und fiir die Wissenschaft gar nicht fragenswiirdigen<br />

Bezirkes einer Wahrheit (iiber die »Natur«, die »Geschichte«,<br />

das »Recht« z. B.).<br />

3. Das »wissenschaftlich« Erkennbare ist »der Wissenschaft«<br />

jeweils vorgegeben in einer durch die Wissenschaft selbst<br />

nie faBbaren» Wahrheit« tiber das erkannte Gebiet des Seienden.<br />

Das Seiende liegt als Gebiet fUr die Wissenschaft<br />

vor; es ist ein positum, und jede Wissenschaft ist in sich »positive«<br />

Wissenschaft (auch die Mathematik).<br />

4. »Die« Wissenschaft gibt es daher gar nie und nirgends,<br />

etwa so, wie »die Kunst« und »die <strong>Philosophie</strong>«, die je in<br />

sich, was sie sind, wesentlich und voll sind, wenn sie geschichtlich<br />

sind. »Die Wissenschaft« ist nur ein formaler<br />

Titel, der zu seinem wesentlichen Verstandnis fordert, daB<br />

die <strong>zur</strong> Wissenschaft gehorige einrichtungsmaBige Zerfallung<br />

in einzelne, d. h. sich vereinzelnde Wissenschaften mitgedacht<br />

wird. So, wie jede Wissenschaft »positiv« ist, muB<br />

sie auch »Einzel«-wissenschaft sein.<br />

5. Die »Spezialistik« ist nicht etwa eine Verfallserscheinung<br />

und Ausartung »der« Wissenschaft und nicht etwa nur ein<br />

unvermeidliches Dbel als Folge des Fortschritts und der Un­<br />

* vgI. Die neuzeitliche Wissenschaft<br />

J<br />

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