Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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36 I. Vorblick<br />
14. <strong>Philosophie</strong> und Weltanschauung<br />
37<br />
Verhaltenheit: der an sich haltende Vorsprung in die Kehre<br />
des <strong>Ereignis</strong>ses (deshalb keine romantische<br />
Flucht oder biedermiinnisches Ausruhen).<br />
Verhaltenheit, Schweigen und Sprache<br />
Es verschliigt einem das Wort; dies nicht als gelegentliches Vorkommnis,<br />
wobei eine vollziehbare Rede und Aussage unterbleibt,<br />
wo nur das Aus- und Wiedersagen des schon Gesagten<br />
und Sagbaren nicht vollzogen wird, sondern urspriinglich. Das<br />
Wort kommt noch gar nicht zum Wort, ob es gerade durch das<br />
Verschlagen auf den ersten Sprung kommt. Das Verschlagende<br />
ist das <strong>Ereignis</strong> als Wink und Anfall des Seyns.<br />
Die Verschlagung ist die anfiingliche Bedingung fUr die sich<br />
entfaltende Moglichkeit einer urspriinglichen - dichtenden <br />
Nennung des Seyns.<br />
Sprache und die groBe Stille, die einfache Niihe des Wesens<br />
und die helle Ferne des Seienden, wenn erst das Wort wieder<br />
wirkt. Wann wird diese Zeit sein? (vgl. das anfiingliche Denken<br />
als unbegriffliches).<br />
Die Verhaltenheit: das schaffende Aushalten im Ab-grund<br />
(vgl. Die Griindung, 238. - 242. Der Zeit-Raum).<br />
14. <strong>Philosophie</strong> und Weltanschauung<br />
<strong>Philosophie</strong> ist das nutzlose, gleichwohl herrschaftliche Wissen.<br />
<strong>Philosophie</strong> ist das furchtbare aber seltene Fragen nach der<br />
Wahrheit des Seyns.<br />
<strong>Philosophie</strong> ist die Griindung der Wahrheit unter gleichzeiti<br />
tiger Entbehrung des Wahren.<br />
<strong>Philosophie</strong> ist das Zuriickwollen in den Anfang der Geschichte<br />
und so das Dbersichhinauswollen.<br />
Deshalb ist die <strong>Philosophie</strong> von auBen genommen nur ein<br />
Schmuck, vielleicht ein Lehr- und Schaustuck der Kultur, viel<br />
leicht noch ein Erbstuck, dessen Grund verloren gegangen ist.<br />
So miissen die Vielen die <strong>Philosophie</strong> nehmen und gerade dort<br />
und dann, wo und wenn sie fur Wenige eine Not ist.<br />
Die »Weltanschauung« richtet die Erfahrung in eine bestimmte<br />
Bahn und ihren Umkreis ein, so weit immer, daB die<br />
Weltanschauung nie in Frage gestellt wird; die Weltanschauung<br />
verengt und unterbindet daher eigentliche Erfahrung. Das<br />
ist ihre Stiirke, von ihr aus gesehen.<br />
Die <strong>Philosophie</strong> eroffnet die Erfahrung, aber deshalb vermag<br />
sie gerade nicht unmittelbar Geschichte zu griinden.<br />
Weltanschauung ist immer ein Ende, meist ein langhingezogenes<br />
und als solches nicht gewuBtes.<br />
<strong>Philosophie</strong> ist immer ein Anfang und fordert die Dberwindung<br />
ihrer selbst.<br />
Weltanschauung muB sich neue Moglichkeiten versagen, urn<br />
sie selbst zu bleiben.<br />
<strong>Philosophie</strong> kann langehin aussetzen und scheinbar verschwinden.<br />
Beide haben ihre verschiedenen Zeiten und halten sich innerhalb<br />
der Geschichte auf ganz verschiedenen Stufen des Da<br />
-seins. Die Unterscheidung von »wissenschaftlicher <strong>Philosophie</strong>«<br />
und »Weltanschauungsphilosophie« ist der letzte Ausliiufer<br />
der philosophischen Ratlosigkeit des 19. Jahrhunderts,<br />
in dessen Verlauf die»Wissenschaft« zu einer eigentumlichen<br />
technischen Kulturbedeutung kam und andererseits die»Weltanschauung«<br />
des Einzelnen als Ersatz des geschwundenen Bodens,<br />
unkriiftig genug, noch »Werte« und »Ideale« zusammenhalten<br />
sollte.<br />
Was als letzter echter Rest im Gedanken der »wissenschaftlichen«<br />
<strong>Philosophie</strong> steckt (vgl. die tiefere Fassung bei Fichte<br />
und Hegel), das ist: auf dem Grunde und in der Folge der<br />
Idee des Wissens als GewiBheit (SelbstgewiBheit) das WiBbare<br />
einheitlich systematisch (mathematisch) zu begriinden und aufzubauen.<br />
Noch lebt in dieser Absicht der »wissenschaftlichen«<br />
<strong>Philosophie</strong> ein Drang der <strong>Philosophie</strong> selbst, noch ihre eigen