Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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186 III. Das Zuspiel<br />
noch iiberdacht und zugedeckt sind, weshalb unser Blick verzwungen<br />
bleibt und gebannt in den Umkreis der iiberlieferten<br />
Frage: was ist das Seiende?, d. h. in die Metaphysik jeglicher<br />
Art.<br />
Erst die Fernstellung zum ersten Anfang Hi.Bt erfahren, daB<br />
da und zwar notwendig die Frage nach der Wahrheit (uArrl}£LU)<br />
ungefragt blieb und daB dieses Nichtgeschehen im voraus das<br />
abendlandische Denken <strong>zur</strong> »Metaphysik« bestimmte.<br />
Und erst dieses Wissen spielt uns die Notwendigkeit zu, den<br />
anderen Anfang vorzubereiten und in der Ausfaltung dieser<br />
Bereitschaft die eigenste Not in ihrer vollen Helle zu erfahren,<br />
die Seinsverlassenheit, die tief verborgen das Widerspiel ist zu<br />
jenem Nichtgeschehen und keineswegs daher aus heutigen und<br />
gestrigen MiBstanden undVersaumnissen erklart werden kann.<br />
Hatte diese Not nicht die GroBe der Herkunft aus dem ersten<br />
Anfang, woher nahme sie dann die Kraft <strong>zur</strong> Notigung in die<br />
Bereitschaft fiir den anderen? Und deshalb ist die Wahrheitsfrage<br />
der erste Schritt zum Bereitsein. Diese Wahrheitsfrage,<br />
nur eine wesentliche Gestalt der Seynsfrage, halt diese kiinftig<br />
heraus aus den Bezirken der »Metaphysik«.<br />
92. Die Auseinandersetzung des ersten und anderen Anfangs<br />
Keine Gegenbewegung; denn aile Gegenbewegungen und Gegen-krafte<br />
sind zu ihrem wesentlichen Teile mitbestimmt durch<br />
ihr W o-gegen, wenngleich in der Gestalt einer Umkehrung<br />
desselben. Und deshalb geniigt eine Gegen-bewegung niemals<br />
fiir eine wesentliche Wandlung der Geschichte. Gegen-bewegungen<br />
verfangen sich in ihrem eigenen Sieg, und das sagt, sie<br />
verklammern sich in das Besiegte. Ein schaffender Grund wird<br />
durch sie nicht frei, sondern eher als unnotig geleugnet.<br />
Dber die Gegen-krafte und ~triebe und -einrichtungen hinaus<br />
muB ein ganz Anderes anheben. Fiir die Wandlung und<br />
Rettung der abendlandisch bestimmten Geschichte heiBt dieses:<br />
93. Die grofJen <strong>Philosophie</strong>n 187<br />
die kiinftigen Entscheidungen fallen nicht in den bisherigen,<br />
auch von den Gegenbewegungen noch innegehaltenen Bereichen<br />
(»Kultur« -»Weltanschauung«), sondern der Ort der Entscheidung<br />
muB erst gegriindet werden und zwar durch die Eroffnung<br />
der Wahrheit des Seyns in seiner vor allen Gegensatzen<br />
bisheriger »Metaphysik« liegenden Einzigkeit.<br />
Der andere Anfang ist nicht die Gegenrichtung zum ersten,<br />
sondern steht als anderes auBerhalb des Gegen und der unmittelbaren<br />
Vergleichbarkeit.<br />
Deshalb ist die Auseinandersetzung auch keine Gegner<br />
-schaft, weder im Sinne der groben Ablehnung noch in der<br />
Weise einer Aufhebung des ersten im Anderen. Der andere<br />
Anfang verhiIft aus neuer Urspriinglichkeit dem ersten Anfang<br />
<strong>zur</strong> Wahrheit seiner Geschichte und damit zu seiner unverauBerlichen<br />
eigensten Andersartigkeit, die allein fruchtbar<br />
wird in der geschichtlichen Zwiesprache der Denker.<br />
9J. Die grof3en <strong>Philosophie</strong>n<br />
sind ragende Berge, unbestiegen und unbesteigbar. Aber sie<br />
gewahren dem Land sein Hochstes und weisen in sein Urgestein.<br />
Sie stehen als Richtpunkt und bilden je den Blickkreis;<br />
sie ertragen Sicht und Verhiillung. Wann sind solche Berge das,<br />
was sie sind? Dann gewiB nicht, wenn wir vermeintlich sie bestiegen<br />
und beklettert haben. Nur dann, wenn sie uns und dem<br />
Lande wahrhaft stehen. Aber wie wenige vermogen dieses, in<br />
der Ruhe des Gebirges das lebendigste Ragen erstehen zu lassen<br />
und im Umkreis dieser Uberragung zu stehen. Die echte<br />
denkerische Auseinandersetzung muB dies allein anstreben.<br />
Die Aus-einander-setzung mit den groBen <strong>Philosophie</strong>n - als<br />
metaphysischen Grundstellungen innerhalb der Geschichte der<br />
Leitfrage - muB so angelegt werden, daB jede <strong>Philosophie</strong> als<br />
wesentliche als Berg zwischen Berge zu stehen kommt und so<br />
ihr Wesentlichstes zum Stand bringt.