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Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe

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110 II. Der Anklang<br />

52. Die Seinsverlassenheit<br />

111<br />

Das Zeitalter der volligen Fraglosigkeit duldet nichts Fragwiirdiges<br />

und zerstort jede Einsamkeit. Deshalb muB es gerade<br />

die Rede davon verbreiten, daB die »schopferischen« Menschen<br />

»einsam« seien, daB mithin jedermann von der Einsamkeit dieser<br />

Einsamen in Kenntnis gesetzt und von ihrem Tun rechtzeitig<br />

in »Bild« und »Ton« unterrichtet werde. Hier streift die<br />

Besinnung das Unheimliche dieses Zeitalters und weiB sich<br />

denn auch weit weg von jeder Art billiger »Zeitkritik« und<br />

»Fsychologie«. Denn es gilt zu wissen, daB hier in aller Ode<br />

und Furchtbarkeit etwas yom Wesen des Seyns anklingt und<br />

die Verlassenheit des Seienden (als Machenschaft und Erlebnis)<br />

yom Seyn aufdammert. Dieses Zeitalter der volligen Fraglosigkeit<br />

kann nur iiberstanden werden durch ein Zeitalter der einfachen<br />

Einsamkeit, in der sich die Bereitschaft fiir die Wahrheit<br />

des Seyns selbst vorbereitet.<br />

52. Die Seinsverlassenheit<br />

ist am starksten dort, wo sie sich am entschiedensten versteckt.<br />

Das geschieht da, wo das Seiende das Gewohnlichste und Gewohnteste<br />

geworden ist und werden muBte. Das geschah zuerst<br />

im Christentum und seiner Dogmatik, wonach alles Seiende<br />

in seinem Ursprung erkliirt ist als ens creatum und wo<br />

der Schopfer das Gewisseste ist, alles Seiende die Wirkung dieser<br />

seiendsten Ursache. Das Ursache-Wirkung-Verhaltnis aber<br />

ist das Gemeinste und Grobste und Nachste, was aIle menschliche<br />

Berechnung und Verlorenheit an das Seiende sich zuhilfe<br />

nimmt, urn etwas zu erklaren, d. h. in die Klarheit des Gemeinen<br />

und Gewohnten zu riicken. Bier, wo das Seiende das Gewohnteste<br />

sein muB, ist notwendig das Seyn das erst recht Gewohnliche<br />

und Gewohnlichste.<br />

Und da nun in Wahrheit das Seyn das Ungewohnlichste<br />

»ist«, hat sich mer das Seyn ganz entzogen und das Seiende<br />

verlassen.<br />

Seinsverlassenheit des Seienden: daB das Seyn yom Seienden<br />

sich <strong>zur</strong>iickgezogen und das Seiende zunachst (christlich) nur zu<br />

dem von anderem Seienden Gemachten wurde. Das oberste<br />

Seiende als Ursache alles Seienden iibemahm das Wesen des<br />

Seyns. Dieses ehemals yom Schopfergott gemachte Seiende<br />

wurde dann zum Gemiichte des Menschen, sofem jetzt das Seiende<br />

nur in seiner Gegenstandlichkeit genommen und beherrscht<br />

wird. Die Seiendheit des Seienden verblaBt zu einer<br />

»logischen Form«, zum Denkbaren eines selbst ungegriindeten<br />

Denkens.<br />

Der Mensch ist so iiberblendet durch das Gegenstandlich­<br />

Machenschaftliche, daB ihm schon das Seiende sich entzieht; urn<br />

wieviel mehr noch das Seyn und dessen Wahrheit, darin urspriinglich<br />

erst alles Seiende neu entspringen und befremden<br />

muB, damit das Schaffen seine groBen AnstoBe empfange,<br />

namlich ZUlli Schopfen.<br />

Seinsverlassenheit: daB das Seyn das Seiende verlaBt, dieses<br />

ihm selbst sich iiberHiBt und es so zum Gegenstand der Machenschaft<br />

werden laBt. Dies alles ist nicht einfach »VerfaIl«, sondem<br />

ist die erste Geschichte des Seyns selbst, die Geschichte des<br />

ersten Anfangs und des von ihm Abkiinftigen und so notwendig<br />

Zuriickbleibenden. Aber selbst dieses Zuriickbleiben ist kein<br />

bloBes »Negativum«, sondem es bringt in seinem Ende erst die<br />

Seinsverlassenheit zum Vorschein, gesetzt, daB aus dem anderen<br />

Anfang die Frage nach der Wahrheit des Seyns gestellt<br />

ist und so das Entgegenkommen zum ersten Anfang anfmgt.<br />

Dann zeigt sich: daB das Sein das Seiende verlaBt, besagt:<br />

das Seyn verbirgt sich in der Offenbarkeit des Seienden. Und<br />

das Seyn wird selbst wesentlich als dieses Sichentziehende Verbergen<br />

bestimmt.<br />

Das Seyn verlaBt schon das Seiende, indem die uAfrltWl zum<br />

sich entziehenden Grundcharakter des Seienden wird und so<br />

die Bestimmung der Seiendheit als Lllill vorbereitet. Das Seiende<br />

laBt jetzt die Seiendheit nur als einen N achtrag gelten, der

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