Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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62 I. Vorblick<br />
27. Das anfiingliche Denken (Begriff)<br />
63<br />
der zunehmenden »Kiinstlichkeit« des Lebens, die jene »Freiheit«<br />
der Massen, die beliebige Zuganglichkeit von allem fUr<br />
AIle, erleichtert und selbst organisiert? Das Entgegentreten der<br />
unaufhaltsamen Entwurzelung, das Haltgebieten soli keiner<br />
unterschatzen, es ist das Erste, was geschehen muB. Aber verbiirgt<br />
es und vor aHem verbiirgen die solchem Handeln gerade<br />
notwendigen Mittel auch die Verwandlung der Entwurzelung<br />
in eine Verwurzelung?<br />
Hier bedarf es einer anderen Herrschaft noch, einer verborgenen<br />
und verhaltenen, langehin vereinzelten und stillen. Hier<br />
miissen die Zukiinftigen bereitet werden, die neue Standorte<br />
im Sein selbst schaffen, aus denen wieder eine Bestandigkeit<br />
im Streit von Erde und Welt sich ereignet.<br />
Beide Herrschaftsformen - grundverschieden - miissen von<br />
den Wissenden gewollt und zugleich bejaht werden. Hier ist<br />
zugleich eine Wahrheit, in der das Wesen des Seyns erahnt<br />
wird: die im Seyn wesende Zerkliiftung in die hochste Einzigkeit<br />
und die flachste Vergemeinerung.<br />
26. <strong>Philosophie</strong> als Wissen<br />
Wenn das Wissen als Verwahrung der Wahrheit des Wahren<br />
(des Wesens der Wahrheit im Da-sein) den kiinftigen Menschen<br />
auszeichnet (gegeniiber dem bisherigen verniinftigen<br />
Tier) und ihn in die Wachterschaft fiir das Seyn erhebt, dann<br />
ist das hochste Wissen jenes, das stark genug wird, um der<br />
Ursprung eines Verzichtes zu sein. Verzicht gilt uns freilich als<br />
Schwache und Ausweichen, als Aushangen des Willens; so erfahren,<br />
ist Verzicht das Weg-geben und Sichlossagen.<br />
Aber es gibt einen Verzicht, der nicht nur festhalt, sondem<br />
sogar erst erkampft und er-Ieidet, jener Verzicht, der entspringt<br />
als die Bereitschaft fiir die Verweigerung, das Festhalten dieses<br />
Befremdlichen, das solchergestalt als das Seyn selbst west, jenes<br />
Inmitten zum Seienden und <strong>zur</strong> Gotterung, das einraumt das<br />
offene Zwischen, in dessen Zeit-Spiel-Raum die Bergung der<br />
Wahrheit in das Seiende und die Flucht und Ankunft der Gotter<br />
ineinander schlagen. Das Wissen von der Verweigerung<br />
(Da-sein als Verzicht) entfaltet sich als die lange Vorbereitung<br />
der Entscheidung iiber die Wahrheit, ob diese noch einmal des<br />
Wahren (d. h. des Richtigen) Herr werde oder selbst nur nach<br />
ihm und so nach dem, was unter ihr ist, gemessen werde, ob<br />
Wahrheit nicht nur das Ziel des technisch-praktischen Erkennens<br />
bleibe (ein »Wert« und eine »Idee«), sondem <strong>zur</strong> Griindung<br />
des Aufruhrs der Verweigerung werde.<br />
Dieses Wissen entfaltet sich als das weitvorgreifende Fragen<br />
nach dem Seyn, dessen Fragwiirdigkeit alles Schaffen in die<br />
Not zwingt und dem Seienden eine Welt errichtet und das VerlaBliche<br />
der Erde rettet.<br />
27. Das anfiingliche Denken<br />
(Begriff)<br />
»Denken« in der gewohnlichen, seit langem iiblichen Bestimmung<br />
ist das Vor-stellen von etwas in seiner iOEU als dem %OLVOV,<br />
Vor-stellen von etwas im Allgemeinen.<br />
Dieses Denken aber ist einmal auf das Vor-handene, schon<br />
Anwesende bezogen (eine bestimmte Auslegung des Seienden).<br />
Sodann aber ist es immer nachtriiglich, indem es dem schon<br />
Ausgelegten nur sein Allgemeinstes verschafft. Dieses Denken<br />
herrscht nach verschiedenen Weisen in der Wissenschaft. Die<br />
Fassung des »Allgemeinen« ist zweideutig, zumal schon die<br />
Kennzeichnung des Gedachten als %OWOV nicht urspriinglich von<br />
ihm selbst her, sondern vom »Vielen«, dem »Seienden« (als<br />
!til (Iv) her gesehen ist. Der Ansatz des Vielen und der Grundbezug<br />
zu ihm ist entscheidend und zunachst, auch innerhalb<br />
des BewuBtseinsstandpunktes, so, daB es das Gegeniiber ist,<br />
ohne eigentlich in seiner Wahrheit zuvor bestimmt und begriindet<br />
zu sein. Diese soli erst durch das »Allgemeine« be