Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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480 VIII. Das Seyn<br />
269. Das Seyn<br />
481<br />
Das Denken im anderen Anfang kennt nicht die Erkliirung<br />
des Seins durch das Seiende und weill nichts von der Bedingnis<br />
des Seienden durch das Seyn, welche Bedingnis immer auch das<br />
Seyn an das Seiende verdingt, urn ihm dann doch wieder, in der<br />
Form des »Ideals« und der »Werte« (iiyuMv ist der Beginn),<br />
eine Erhohung zu leihen.<br />
Allerdings kann nun der Form nach und zufolge langer Vorstellungsgewohnheit<br />
durch die Metaphysik und unterstiitzt<br />
durch die eben von daher gepriigte Sprache und Bedeutungsverfestigung<br />
jede Rede vom Seyn milldeutet werden in das geliiufige<br />
Verhaltnis der Bedingung zum Bedingten. Dieser Gefahr<br />
ist unmittelbar nicht zu begegnen; ja sie muB mit iibernommen<br />
werden als Mitgift der Metaphysik, deren Geschichte<br />
dann nicht abgestoBen werden kann, wenn im urspriinglichen<br />
Entwurf des Seyns das Wesen der Geschichte erst ins Spiel<br />
kommt.<br />
269. Das Seyn<br />
Die vollige Ungewohnlichkeit des Seyns gegeniiber allem Seienden<br />
muB der Mensch »erfahren«, von ihr in die Wahrheit<br />
des Seyns er-eignet werden.<br />
Das Seyn erinnert an »nichts«, am wenigsten aber an das<br />
»Seiende«, wogegen jegliches Seiende an seinesgleichen gemahnt<br />
und weitertragt. Dieses schafft eine Gewohnung des<br />
Vorstellens, das alsbald darauf verfalIt, auch das Sein (als AIIgemeinstes<br />
und durchgangig Erinnertes, vgl. die iiVa/-lVTJ(JL~ Platons,<br />
die solche Gewohnung ausspricht) wie ein Seiendes, das<br />
»Seiendste« zu nehmen.<br />
Das Seyn erinnert an »nichts«, und deshalb gehort das Nichts<br />
<strong>zur</strong>n Seyn. Von dieser Zugehorigkeit wissen wir wenig genug.<br />
Doch wir kennen eine ihrer Folgen, die vielleicht nur scheinbar<br />
so vordergriindlich ist, wie sie sich ausgibt: wir scheuen und<br />
verabscheuen das »Nichts« und meinen, uns solcher Verurtei<br />
lung jederzeit befleiBigen zu miissen, wei! ja das Nichts doch<br />
das Nichtige schlechthin ist. Wie aber, wenn der eigentliche<br />
Grund der Flucht vor dem (miBdeuteten) Nichts nicht der Wille<br />
zum Ja und zum »Seienden« ware, sondem die Flucht vor der<br />
Ungewohnlichkeit des Seins; so daB in dem gewohnlichen Verhalten<br />
<strong>zur</strong>n Nichts sich nur das gewohnliche Verhalten zumSeyn<br />
versteckte und das Ausweichen vor demWagnis jenerWahrheit,<br />
an der aIle »Ideale« und »Zielsetzungen« und»Wiinschbarkeiten«<br />
und »Resignationen« als klein und iiberfliissig zuschanden<br />
werden.<br />
Die vollige Ungewohnlichkeit des Seyns gegen alies Seiende<br />
verlangt denn auch die Ungewohnlichkeit des »Erfahrens« des<br />
Seyns; die Seltenheit solchen Erfahrens und Wissens ist daher<br />
auch nicht erstaunlich. Solches Wissen laBt sich nicht geradehin<br />
bewerkstelligen. Statt eine falsche und fruchtlose Bemiihung<br />
um ein solches Ziel an<strong>zur</strong>egen, miissen wir versuchen, einfach<br />
zu denken, was zu einem solchen Wissen des durch und durch<br />
Un-gewohnlichen gehort.<br />
Nennen wir das Seyn das Ungewohnliche, dann fassen wir<br />
das Seiende jeglicher Art und Weite als das Gewohnte, auch<br />
dann, wenn innerhalb seiner ein bisher Unbekanntes und Neues<br />
auftaucht und Bisheriges umstiirzt; immer finden wir uns<br />
mit der Zeit auch mit ihm ab und bauen das Seiende ein in das<br />
Seiende. Das Seyn aber ist jenes Un-gewohnliche, was nicht nur<br />
nie innerhalb des Seienden auftaucht, sondem auch sich jeder<br />
Abfindung mit ihm wesentlich entzieht.<br />
Das Seyn ist das Un-gewohnliche in dem Sinne, daB es von<br />
ieder Gewohnlichkeit unantastbar bleibt. Wir miissen daher,<br />
urn es zu wissen, aus aller Gewohnung heraustreten. Und da<br />
diese unser Teil und unser Betreiben ist, vermogen wir solches<br />
nie von uns aus. Das Seyn selbst muB uns aus dem Seienden<br />
heraussetzen, uns als die im Seienden, von diesem Belagerten<br />
dieser Belagerung ent-setzen. Diese Belagerung des Menschen<br />
durch das Seiende besteht in dem Gedoppelten, daB er als Seiender<br />
selbst zu diesem, unter dieses gehort, daB er zugleich aber<br />
.."