23.11.2013 Aufrufe

Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe

Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe

Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

428 VIII. Vas Seyn<br />

259. Die <strong>Philosophie</strong><br />

429<br />

Wertgedanken retten muB, wo ihr noch so viel an Besonnenheit<br />

geblieben, daB sie erkennt, wie auch das bedingungslose Bejahen<br />

des Wirklichen und des »Lebens« (des Seienden also)<br />

noch einer Spur des Nicht-Seienden bedarf, das man freilich<br />

nicht mehr als Sein zu wissen vermag. Verharrt die »Betrachtung«<br />

der Geschichte der Metaphysik in den Blickhinsichten<br />

des »Idealismus« und »Realismus«, dann erscheint der »Idealismus«<br />

jederzeit als die philosophisch echtere Haltung, sofem<br />

in ihr das Sein noch gegeniiber dem Seienden zu Wort kommt.<br />

Trotzdem bleibt bestehen, daB im »Idealismus« die philosophische<br />

(im Realismus aber die philosophielose) Entmachtung des<br />

Seins sich vollzieht. Dies zu wissen ist notig, um den Obergang<br />

aus der Metaphysik in die andere Weise des Fragens nach dem<br />

Sein nicht sogleich zu miBdeuten.<br />

Die Frage nach dem Sein wird jetzt <strong>zur</strong> Frage nach der<br />

Wahrheit des Seyns. Das Wesen der Wahrheit wird jetzt aus<br />

der Wesung des Seyns erfragt, als die Lichtung des Sichverbergenden<br />

begriffen und damit als zugehorig zum Wesen des<br />

Seyns selbst. Die Frage nach der Wahrheit »des« Seyns enthiillt<br />

sich <strong>zur</strong> Frage nach dem Seyn »der« Wahrheit. (Der Genitiv ist<br />

hier ein ureigener und durch die bisherigen »grammatischen«<br />

Genitive niemals zu fassen.) Jetzt denkt das Fragen nach dem<br />

Seyn nicht mehr vom Seienden her, sondem ist als Er-denken<br />

des Seyns (vgl. Das Seyn, 265. Das Er-denken des Seyns) durch<br />

das Seyn selbst emotigt. Das Er-denken des Seyns erspringt<br />

dieses als das Zwischen, in dessen sich lichtender Wesung die<br />

Gotter und der Mensch sich er-kennen, d. h. iiber ihre Zugehorigkeit<br />

sich entscheiden. Als dieses Zwischen »ist« das Seyn<br />

kein Nachtrag zum Seienden, sondem jenes Wesende, in dessen<br />

Wahrheit erst das (Seiende) in die Verwahrung eines Seienden<br />

gelangen kann. Aber dieser Vorrang des Zwischen darf nicht<br />

idealistisch im Sinne des »Apriori« miBdeutet werden. Das<br />

Fragen nach dem Sein in der Weise des Fragens nach der<br />

Wahrheit des Seyns kommt iiberhaupt nicht mehr auf eine<br />

Ebene, in der eine Unterscheidung wie die zwischen Idealismus<br />

und Realismus einen moglichen Grund gewinnen konnte. Das<br />

Bedenken bleibt allerdings <strong>zur</strong>uck, ob denn solches moglich sei,<br />

das Seyn selbst in seiner Wesung zu denken, ohne vom Seienden<br />

auszugehen; ob denn nicht jede Frage nach dem Sein unweigerlich<br />

ein Zuruckfragen vom Seienden her bleiben miisse.<br />

Hier steht in der Tat die lange Oberlieferung der Metaphysik<br />

und die hieraus erwachsene Gewohnung des Denkens im Wege,<br />

zumal wenn noch die »Logik«, selbst ein Abkommling der anfanglichen<br />

Entmachtung des Seins und der Wahrheit, als ein<br />

absoluter, vom Himmel gefallener Gerichtshof iiber das Denken<br />

im Ansehen bleibt. Dann ist es »logisch« und d. h. endgiiltig<br />

ausgemacht, daB das Sein als das Allgemeine vom Seienden<br />

her gewonnen ist, auch dann, wenn man versucht, das Sein<br />

auch wie ein Seiendes in seinem Bestand zu sichem. Aber das<br />

Seyn, das in seiner Wahrheit erdacht werden muB, »ist« nicht<br />

jenes Allgemeine und Leere, sondem west als jenes Einzige<br />

und Abgriindige, in dem sich ein Einmaliges der Geschichte<br />

entscheidet (vgl. Das Seyn, 270. Das Wesen des Seyns (die<br />

Wesung)). Man kann mer freilich nicht auf dem Boden der<br />

metaphysischen Seinsfrage stehen bleiben und von diesem<br />

Standort aus ein Wissen fordem, das seinem Wesen nach das<br />

Verlassen dieses Standortes in sich schlieBt, d. h. die Einrau­ ..",<br />

mung eines Raumes und die Zeitigung einer Zeit, die in der<br />

Geschichte der Metaphysik nicht etwa nur vergessen oder nicht<br />

geniigend bedacht wurden, die vielmehr fiir diese Geschichte<br />

unzuganglich, aber auch nicht notwendig sind.<br />

Den Standort der Metaphysik verlassen, das sagt nichts anderes<br />

als einer Notigung unterstehen, die aus einer ganz anderen<br />

Not entspringt, einer Not allerdings, die durch die Geschichte<br />

der Metaphysik erwirkt wurde, dergestalt, daB sie sich<br />

als die Not, die sie ist, entzieht und die Notlosigkeit (hinsichtlich<br />

des Seins und der Seinsfrage) zum herrschenden Zustand<br />

werden laBt. In Wahrheit ist aber die Notlosigkeit das auBerste<br />

dieser Not, die zuerst als die Verlassenheit des Seienden vom<br />

Sein erkennbar wird.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!