Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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468 VIII. Das Seyn<br />
als Entwurf und daher als der Charakter des Verstehens festgelegt<br />
wird (das Seinsverstandnis des Da-seins). Aber diese Bestimmungen,<br />
so entscheidend sie bleiben fiir eine erste Verdeutlichung<br />
des ganz anderen Fragens der Seinsfrage, sind doch,<br />
auf die Fragwiirdigkeit des Seyns und seiner Wesung hinaus<br />
gesehen, nur wie ein erster tastender Schritt auf ein sehr langes<br />
Sprungbrett, bei welchem Schritt kaum etwas gespiirt wird von<br />
der Forderung, die amEnde des Sprungbretts fiir denAbsprung<br />
notig ist. Doch man nimmt diesen Schritt nicht einmal als ersten<br />
fiir ein langes »unterwegs«, sondern als den schon letzten, urn<br />
sich in dem Gesagten als einer bestimmten »Lehre« und »Ansicht«<br />
ein<strong>zur</strong>ichten und mit ihr allerlei in historischer Hinsicht<br />
aus<strong>zur</strong>ichten. Oder aber man lehnt diese »Lehre« ab und bildet<br />
sich ein, damit etwas iiber die Seinsfrage entschieden zu haben.<br />
1m Grunde aber gibt die Heraushebung der »ontologischen<br />
Differenz« nur ein Zeugnis dafUr, daB der Versuch <strong>zur</strong> urspriinglicheren<br />
Seinsfrage zugleich sein muB eine wesentlichere<br />
Aneignung der Geschichte der Metaphysik. Aber dieses Beides<br />
zu einigen bezw. von Grund aus schon in Einem zu haben: das<br />
Anfangen im ganz Anderen und die alles bisherige historische<br />
Beischaffen wesentlich iibertreffende Treue <strong>zur</strong> Geschichte des<br />
ersten Anfangs, die gleich entschiedene Beherrschung und Behauptung<br />
des SichausschlieBenden, das ist fiir die Gewohnheit<br />
der Historie und der Systematik so befremdlich, daB sie sich<br />
gar nicht einfallen lassen, Solches konnte gefordert sein. (Was<br />
anderes aber will die »phanomenologische Destruktion«?)<br />
Deshalb schwebt denn auch die »ontologische Differenz« im<br />
Unbestimmten. Es sieht so aus, als sei sie schon zum mindesten<br />
seit Plato gewuBt, wo sie doch nur vollzogen und gleichsam in<br />
Gebrauch genommen ist. Bei Kant ist sie im Begriff des»Transzendentalen«<br />
gewuBt und dock nicht gewuBt, weil einmal die<br />
Seiendheit als Gegenstandlichkeit gefaBt wird und weil sodann<br />
diese Auslegung der Seiendheit gerade jede Seinsfrage abschneidet.<br />
Es sieht aber auch wieder so aus, als sei die »ontologische<br />
Differenz« etwas »Neues«, was sie nicht sein kann und<br />
266. Das Seyn und die »ontologische Difjerenz« . .. 469<br />
nicht sein will. Mit ihr ist nur Jenes genannt, was die ganze Geschichte<br />
der <strong>Philosophie</strong> tragt und als dieses Tragende fUr sie als<br />
Metaphysik nie das zu Erfragende und deshalb zu Nennende<br />
sein konnte. Sie ist ein Dbergangliches im Dbergang vom Ende<br />
der Metaphysik zum anderen Anfang.<br />
DaB aber diese Unterscheidung genannt werden kann als das<br />
Bereichsgefiige der abendliindischen Metaphysik und daB sie in<br />
dieser unbestimmten Form genannt werden muB, hat seinen<br />
Grund in der anfanglichen Geschichte des Seyns selbst. In der<br />
q:liJO"L(; liegt es beschlossen, daB fiir das allgemeinste Vorstellen<br />
(Denken) das Sein das standigste Anwesendste und als dieses<br />
gleichsam die Leere der Gegenwartigkeit selbst ist. Sofern das<br />
Denken sich in die Herrschaft der »Logik« begeben hat, wird<br />
dieses Gegenwartige alles Anwesenden (Vorhandenen) ZUlli<br />
Allgemeinsten und trotz der Abwehr des Aristoteles, daB es<br />
nicht yEVO(; sei, zum »Generellsten« gemacht. Bedenken wir diese<br />
geschichtliche Herkunft der ontologischen Differenz aus der<br />
Seinsgeschichte selbst, dann zwingt das Wissen dieser Herkunft<br />
bereits zu einer Vorferne der Zugehorigkeit in die Wahrheit<br />
des Seins, <strong>zur</strong> Erfahrung, daB wir, von der »ontologischen<br />
Differenz« in allem Menschsein als Bezug ZUlli Seienden getra- ./<br />
gen, der Macht des Seyns hiedurch wesentlicher ausgesetzt bleiben<br />
als in jedem noch so »lebensnahen« Bezug zu irgend einem<br />
»Wirklichen«.<br />
Und dieses, die Durchstimmtheit des Menschen vom Seyn<br />
selbst, muB <strong>zur</strong> Erfahrung gebracht werden durch die Nennung<br />
der »ontologischen Differenz«; dann namlich, wenn die Seinsfrage<br />
selbst als Frage erweckt werden solI. Andererseits aber,<br />
im Hinblick auf die Dberwindung der Metaphysik (das geschichtliche<br />
Zuspiel des ersten und des anderen Anfangs), muB<br />
die »ontologische Differenz« in ihrer Zugehorigkeit ZUlli Da<br />
-sein deutlich gemacht werden; von da aus gesehen riickt sie in<br />
die Form einer, ja der »Grundstruktur« des Da-seins selbst.