Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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266 W. Der Sprung<br />
146. Seyn und Nichtseyn<br />
267<br />
145. Das Seyn und das Nichts<br />
In der ganzen Geschichte der Metaphysik, d. h. uberhaupt im<br />
bisherigen Denken, wird das »Sein« immer als Seiendheit des<br />
Seienden und so als dieses selbst begriffen. Noch heute geht bei<br />
allen »Denkern« die Gleichsetzung von Sein und Seiendem und<br />
zwar auf Grund einer Unkraft des Unterscheidens aller <strong>Philosophie</strong><br />
gleichsam voran.<br />
Dementsprechend wird das Nichts immer als das Nichtseiende<br />
gefaBt und somit als Negativum. Setzt man gar das »Nichts«<br />
in diesem Sinne als Ziel, dann ist der »pessimistische Nihilismus«<br />
fertig und die Verachtung aller schwachlichen »Nichts<br />
<strong>Philosophie</strong>« ins Recht gesetzt und vor allem: man ist von jedem<br />
Fragen entlastet, welche Entlastung zu betreiben die<br />
»heroischen Denker« auszeichnet.<br />
Mit all dem hat mein Fragen nach dem Nichts, das aus der<br />
Frage nach der Wahrheit des Seyns entspringt, nicht das Mindeste<br />
gemein. Das Nichts ist weder negativ, noch ist es »Ziel«,<br />
sondern die wesentliche Erzitterung des Seyns selbst und deshalb<br />
seiender als jegliches Seiende.<br />
Wenn in »Was ist Metaphysik?« der Satz aus Hegels Logik<br />
angefuhrt ist: »Sein und Nichts ist dasselbe«, so bedeutet das<br />
und kann nur bedeuten eine Entsprechung fur die Zusammenbringung<br />
von Sein und Nichts uberhaupt. Aber gerade fur<br />
Hegel ist nicht nur das »Seyn« eine bestimmte, erste Stufe<br />
dessen, was kiinftig unter Seyn zu denken ist, sondern dieses<br />
Erste ist als das Un-bestimmte, Un-mittelbare eben schon die<br />
reine Negativitat der Gegenstandlichkeit und des Denkens<br />
(Seiendheit und Denken).<br />
So schwer es der Zukunft werden wird, yom Denken der<br />
»Metaphysik« sich los<strong>zur</strong>nachen, so unzuganglich wird ihr zunachst<br />
das »Nichts« bleiben, das haher ist als alles »Positive«<br />
und »Negative« des Seienden zusammengerechnet.<br />
Das denkerische Fragen muB erst eine Urspriinglichkeit an<br />
Ja-sagender Kraft erreicht haben, die wesentlich uber aIle Opti<br />
mismen jeglicher Kraftmeierei und alles programmatischen<br />
Heroismus hinausliegt, urn stark genug zu sein, das Nichtende<br />
im Seyn selbst, das uns erst eigentlich ins Seyn und seine Wahrheit<br />
ent-setzt, als verborgenstes Geschenk zu erfahren. Dann<br />
freilich ist erkannt, daB niemals das Nichts sich gegen das Seyn<br />
verrechnen und abrechnen laBt, etwa gar als das zu Fliehende<br />
und zu Verneinende, weil das Seyn (und d. h. das Nichts) das<br />
Inzwischen fur das Seiende und die Gatterung ist und niemals<br />
»Ziel« werden kann.<br />
146. Seyn und Nichtseyn*<br />
Well zum Wesen des Seyns das Nicht gehart (die Reife als<br />
Kehre im <strong>Ereignis</strong>; vgl. Der letzte Gott), gehart zum Nicht das<br />
Seyn; d. h. das eigentlich Nichtige ist das Nichthafte und keineswegs<br />
das bloBe »Nichts«, so, wie es nur vorgestellt wird<br />
durch die vorstellende Verneinung des Etwas, aufgrund deren<br />
man dann sagt: das Nichts »ist« nicht. Aber das Nichtseyn west<br />
und das Seyn west, das Nichtsein west im Unwesen, das Seyn<br />
west als nichthaft.<br />
Nur weil das Seyn nichthaft west, hat es zu seinem Anderen<br />
das Nichtsein. Denn dieses Andere ist das Andere seiner selbst. ..,<br />
Als nichthaftes wesend ermoglicht und erzwingt es zugleich<br />
Andersheit.<br />
Woher aber hier die auBerste Einschrankung auf das Eine<br />
und das Andere und so das Entweder - Oder?<br />
Aus der Einzigkeit des Seyns ergibt sich die Einzigkeit des<br />
ihm zugeharigen Nicht und somit des Anderen.<br />
Das Eine und Andere erzwingen selbst sich das Entweder <br />
Oder als erstes.<br />
Bei dieser scheinbar allgemeinsten und leersten Unterscheidung<br />
aber ist zu wissen, daB sie solches nur ist fur die Aus<br />
* vgl. Der Sprung, 144. Das Seyn und der urspriingliche Streit; vgl. Vorblick,<br />
47. Das Wesen der Entscheidung