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Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe

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336 v. Die Griindung<br />

212. Wahrheit als GewifJheit<br />

337<br />

212. Wahrheit als Gewif3heit<br />

Sofern hier die ratio der fides zunachst nicht entgegen, aber ihr<br />

es gleichtuend sich auf sich selbst stellen will, bleibt ihr (dem<br />

Vor-stellen) nur die Bezogenheit auf sich selbst, um in ihrer<br />

eigenen Weise ihrer selbst habhaft zu werden, und dieses Vor­<br />

-stellen des ich-stelle-vor ist die Gewif3heit, das Wissen, das als<br />

solches gewuf3tes ist.<br />

Damit aber setzt die ratio selbst sich unter sich selbst herab,<br />

geht unter i.hr eigenes »Niveau«, das anfanglich ja darin bestand,<br />

die Seiendheit im Ganzen unmittelbar zu vernehmen.<br />

So unter sich herabgesetzt, bringt es die Vernunft gerade dadurch<br />

zum Schein einer Herrschaft (auf Grund der Selbsterniedrigung).<br />

Diese Scheinherrschaft muB eines Tages zerbrechen,<br />

und die jetzigen Jahrhunderte vollziehen diese Zerbrechung,<br />

aber notwendig unter standiger Steigerung der »Verniinftigkeit«<br />

als »Prinzip« der Machenschaft.<br />

Sobaid aber die Vernunft unter sich herabgesetzt wird, ist sie<br />

fur sie selbst faBlicher geworden, so sehr, daB sie diesem Erfolg<br />

nun uberhaupt den MaBstab der Verstandlichkeit, Einsichtigkeit<br />

entnimmt. Jetzt wird diese Einsichtigkeit zum MaBstab<br />

dessen, was gilt und gelten kann, und d. h. jetzt, was seiend<br />

sein und heiBen darf.<br />

Das Sein selbst ist jetzt erst recht faBlicher, einheimischer,<br />

ohne jede Befremdung.<br />

Was sich bei Plato, zumal als Vorrang der Seiendheit von der<br />

tEXVl') her ausgelegt, festmacht, wird jetzt so sehr verscharft und<br />

in die AusschlieBlichkeit erhoben, daB die Grundbedingung fur<br />

ein menschliches Zeitalter geschaffen ist, in dem notwendig die<br />

»Technik« - der Vorrang des Machenschaftlichen, der MaBregem<br />

und des Verfahrens vor dem, was darein eingeht und davon<br />

betroffen wird - die Herrschaft ubernimmt. Die Selbstverstandlichkeit<br />

des Seyns und der Wahrheit als GewiBheit ist<br />

jetzt ohne Grenzen. Damit wird die Vergef3barkeit des Seyns<br />

zum Grundsatz, und die anfanglich angelegte Seinsvergessen­<br />

heit breitet sich aus und legt sich uber alles menschliche Verhalten.<br />

Die Verleugnung aller Geschichte kommt herauf als Umschaltung<br />

alles Geschehens in das ]Vlachbare und Einrichtbare,<br />

was sich erst vollends damit verrat, daB es ganz ohne Bezug und<br />

nur bekenntnishaft irgendwo und wie eine »Vorsehung« und<br />

ein »Schicksal« gelten laBt.<br />

Die GewiBheit aber als IchgewiBheit verschiirft die Auslegung<br />

des Menschen als animal rationale. Die Folge dieses Vorgangs<br />

ist die »Personlichkeit«, von der viele auch heute noch glauben<br />

und glauben machen mochten, sie sei die Dberwindung der lchhaftigkeit,<br />

wo sie doch nur ihre Verschleierung sein kann.<br />

Was aber bedeutet dieses, daB noch bei Descartes versucht<br />

wird, die GewiBheit selbst als lumen naturale zu rechtfertigen<br />

aus dem hochsten Seienden als creatum des creator?<br />

Welche Gestalt nimmt dieser Zusammenhang spater an? Bei<br />

Kant als Postulatenlehre! 1m Deutschen ldealismus als die Absolutheit<br />

des lch und des BewuBtseins!<br />

All dieses sind nur auf Grund des Transzendentalen tiefer<br />

gelegte Nachformen des Descartes'schen Gedankenganges ego,<br />

ens finitum, causatum ab ente infinito.<br />

Auf diesem Wege wird vollends die anfanglich vorbestimmte .."<br />

Vermenschung des Seins und seiner Wahrheit (Ich - VernunftgewiBheit)<br />

ins Absolute gesteigert und so scheinbar eigentlich<br />

uberwunden, und dennoch ist alles das Gegenteil einer Dberwindung,<br />

namlich tiefste Verstrickung in der Seinsvergessenheit<br />

(vgl. Das Zuspiel, 90. und 91. <strong>Vom</strong> ersten zum anderen<br />

Anfang).<br />

Und gar jene Zeit, die nachkommt seit der Mitte des 19. Jahrhunderts,<br />

hat nicht einmal von dieser Anstrengung der Metaphysik<br />

ein Wissen, sondern versinkt in die Technik der »Wissenschaftstheorie«<br />

und beruft sich dabei, nicht vollig ohne Recht,<br />

auf Plato.<br />

Der Neukantianismus, den auch die »Lebens«- und »Existenz«philosophie<br />

bejaht, weil beide, z. B. Dilthey, ebenso Jas­

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