Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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120 II. Ver Anklang<br />
Wissen des Grundes des Nihilismus aufbringt. Oder sollte aus<br />
diesem Wissen erst die Klarheit iiber die»Tatsache« des Nihilismus<br />
kommen?<br />
Die Seinsverlassenheit bestimmt ein einzigartiges Zeitalter<br />
in der Geschichte der Wahrheit des Seyns. Es ist das Seynsalter<br />
der langen Zeit, in der die Wahrheit zogert, ihr Wesen ins<br />
Klare zu geben. Die Zeit der Gefahr des Vorbeigehens jeglicher<br />
wesentlichen Entscheidung, die Zeit des Verzichts auf den<br />
Kampf urn MaBstabe.<br />
Die Entscheidungslosigkeit als Bereich der Ungebundenheit<br />
der Machenschaften, wo das GroBe in der Ungestalt des Riesigen<br />
und die Klarheit als Durchsichtigkeit des Leeren sich aufspreizen.<br />
Die lange Zogerung der Wahrheit und der Entscheidungen<br />
ist eine Versagung der kiirzesten Bahn und der groBten Augenblicke.<br />
In diesem Zeitalter ist »das Seiende«, was man das<br />
»Wirkliche« und »das Leben« und die»Werte« nennt, des<br />
Seyns enteignet.<br />
Die Seinsverlassenheit verhiillt sich in der wachsenden Geltung<br />
der Berechnung, der Schnelligkeit und des Anspruchs des<br />
Massenhaften. In dieser Verhiillung steckt das hartnackige Unwesen<br />
der Seinsverlassenheit und macht sie unangreifbar.<br />
58. Was die drei Verhiillungen der Seinsverlassenheit sind<br />
und wie sie sich zeigen<br />
1. Die Berechnung - erst in die Macht gesetzt durch die 1m<br />
Mathematischen wissensmaBig griindende Machenschaft der<br />
Technik; hier der unklare Vorgriff in Leitsatze und Regeln,<br />
darum die Sicherheit der Lenkung und Planung, der Versuch;<br />
die Fraglosigkeit des irgendwie Durchkommens; nichts<br />
unmoglich, des »Seienden« ist man gewiB; der Frage nach<br />
dem Wesen der Wahrheit bedarf es nicht mehr; alles hat sich<br />
nach dem jeweiligen Stand der Berechnung zu richten; von<br />
58. Was die drei Verhilllungen der Seinsverlassenheit sind . .. 121<br />
da her der Vorrang der Organisation, Verzicht auf eine frei<br />
wachsende Wandlung von Grund aus; das Unberechenbare<br />
ist hier nur das in der Berechnung noch nicht Bewaltigte, an<br />
sich aber einst auch Einzufangende; also keineswegs das Auf3erhalb<br />
jeder Rechnung; in »sentimentalen« Augenblicken,<br />
die gerade unter der »Herrschaft« der Berechnung nicht selten<br />
sind, wird das »Schicksal« und die»Vorsehung« bemiiht,<br />
aber niemals so, daB von dem, was da angerufen wird, eine<br />
gestalterische Kraft ausgehen konnte, die jemals die Sucht<br />
<strong>zur</strong> Berechnung in ihre Grenzen weisen diirfte.<br />
Die Berechnung ist hier gemeint als Grundgesetz des<br />
Verhaltens, nicht als die bloBe Dberlegung und gar Schlauheit<br />
eines vereinzelten Tuns, die zu allem menschlichen Vorgehen<br />
gehoren.<br />
2. Die Schnelligkeit - jeglicher Art; die mechanische Steigerung<br />
der technischen »Geschwindigkeiten«, und diese iiberhaupt<br />
nur eine Folge dieser Sclmelligkeit; diese das Nichtaushalten<br />
in der Stille des verborgenen Wachsens und der<br />
Erwartung; die Sucht nach dem Dber-raschenden, immer<br />
wieder unmittelbar und anders FortreiBenden und »Schlagenden«;<br />
die Fliichtigkeit als Grundgesetz der »Bestandigkeit«.<br />
Notwendig das rasche Vergessen und Sichverlieren im<br />
Nachsten. Von hier aus dann die irrige Vorstellung yom Hohen<br />
und »Hochsten« in der MiBgestalt der Hochstleistungen;<br />
reinmengenmaBige Steigerung,die Blindheitgegen daswahrhaftAugenblickliche,<br />
das nicht fliichtig, sondern die Ewigkeit<br />
eroffnend. Fiir die Schnelligkeit aber ist das Ewige das bloBe<br />
Andauern des selben, das leere Und-so-weiter; verborgen<br />
bleibt die echte Un-ruhe des Kampfes, an ihre Stelle ist getreten<br />
die Ruhelosigkeit des stets erfinderischen Betriebes, der<br />
von der Angst vor der Langeweile an sich selbst gejagt wird.<br />
3. Der Aufbruch des Massenhaften. Damit nicht nur gemeint<br />
die »Massen« in einem »gesellschaftlichen« Sinne; diese<br />
kommen nur hoch, weil schon die Zahl gilt und das Berechenbare,<br />
d. h. jedermann in gleicher Weise Zugangliche.