Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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478 VIII. Das Seyn<br />
268. Das Seyn (Die Unterscheidung)<br />
479<br />
Das Sein ist Bedingung des Seienden, das damit im voraus<br />
schon als Ding (vorhandenes Anwesendes) festgestellt bleibt.<br />
Das Sein be-dingt das Seiende entweder als dessen Ursache<br />
(summum ens - bTlIlLOU(lYO;') oder als Grund der Gegenstandlichkeit<br />
des Dinges im Vor-stellen (Bedingung der Moglichkeit der<br />
Erfahrung oder wie zunachst iiberhaupt als das »FrUhere«<br />
kraft seiner hoheren Standigkeit und Anwesenheit gemii13 seiner<br />
Allgemeinheit). Bier, platonisch-aristotelisch gedacht, entspricht<br />
das Bedingen als Charakter des Seins am ehesten noch<br />
seinem nachstanfanglichen Wesen (Anwesenheit und Bestandigkeit),<br />
aber es lii13t sich auch nicht weiter erklaren. Daher<br />
bleibt es immer schief und die Urspriinglichkeit und Vorsicht<br />
des griechischen Denkens zerstorend, wenn man dies Ursachemii13ige<br />
oder gar das »transzendentale« Bedingen in das griechisch<br />
gemeinte Verhaltnis von Sein und Seiendem <strong>zur</strong>iickdeutet.<br />
Aber auch die spiiteren Weisen des Be-dingens des Seienden<br />
zu einem solchen durch das Sein sind freilich durch die<br />
griechische Auslegung vorgezeichnet und gefordert, sofern die<br />
Seiendheit (LMa) das eigentlich Hergestellte (3tOLOUIlEVOV) und<br />
deshalb das das Seiende Aus-machende und Machende ist; sofern<br />
zum anderen und zugleich die lMa das VOOUJ.lEVOV, das Vor<br />
-gestellte als solches, ist, das in allem Vorstellen zuvor Gesichtete.<br />
Dber diese Weisen der Unterscheidung von Sein und Seiendem<br />
und der Fassung ihres Bezugs kommt die Metaphysik<br />
nirgends hinaus; ja es ist ihr Wesen, in der Vermischung dieser<br />
Denkweisen sich Auswege zu schaffen und zwischen au13ersten<br />
Stellungen, der Unbedingtheit der Seiendheit und der Unbedingtheit<br />
des Seienden als solchen, hin und her zu schwanken;<br />
von hier aus lafit sich den vieldeutigen Titeln »Idealismus«<br />
und »Realismus« eine eindeutige metaphysische Bedeutung<br />
zuweisen. Eine Folge dieser metaphysischen Fassung des<br />
Seins und des Seienden ist die Aufteilung beider in Bezirke<br />
(Regionen) und Stufen, was zugleich die Voraussetzung enthalt<br />
fiir die Entfaltung des Systemgedankens in der Metaphysik.<br />
Unvergleichlich dagegen und niemals faBbar in metaphysischen<br />
Begriffen und Denkweisen ist der Entwurf des Seyns als<br />
Ereignung, welcher Entwurf selbst als geworfener sich erfahrt<br />
und sich jeden Anschein des Gemachtes fernhalt. Hier enthiillt<br />
sich das Seyn in jener Wesung, auf Grund deren Abgriindigkeit<br />
die Ent-gegneten (Gotter und Menschen) und die Strittigen<br />
(Welt und Erde) in ihrer urspriinglichen Geschichte zwischen<br />
das Seyn und das Seiende zum Wesen gelangen und die gemeinsame<br />
Nennung des Seyns und des Seienden nur als Fragwiirdigstes<br />
und Geschiedenstes zulassen.<br />
Indem aber die Gatter und der Mensch in der Not des Seyns<br />
<strong>zur</strong> Ent-gegnung kommen, wird der Mensch aus seiner bisherigen,<br />
neuzeitlich abendlandischen Stellung geworfen, hinter<br />
sich selbst <strong>zur</strong>iickgesteHt in vollig andere Bestimmungsraume,<br />
in denen die Tierheit sowenig wie die Verniinftigkeit eine wesentliche<br />
Stelle besetzen kannen, mag auch fernerhin die FeststeHung<br />
dieser Eigenschaften am vorhandenen Menschen seine<br />
Richtigkeit haben (wobei immer zu fragen bleibt, wer die sind,<br />
die solches richtig finden und sogar auf solche Richtigkeiten<br />
»Wissenschaften« wie Biologie und Rassenkunde aufbauen und<br />
mit diesen vermeintlich noch die»Weltanschauung« unterbauen;<br />
was immer der Ehrgeiz jeder»Weltanschauung« ist).<br />
Mit dem Entwurf des Seyns als <strong>Ereignis</strong> ist erst auch der<br />
Grund und damit das Wesen und der Wesensraum der Geschichte<br />
geahnt. Die Geschichte ist kein Vorrecht des Menschen,<br />
sondern ist das Wesen des Seyns selbst. Geschichte spielt allein<br />
im Zwischen der Entgegnung der GaUer und Menschen als<br />
dem Grund des Streites von Welt und Erde; sie ist nichts anderes<br />
als die Ereignung dieses Zwischen. Historie erreicht daher<br />
niemals die Geschichte. Die Unterscheidung des Seyns und des<br />
Seienden ist eine aus dem Wesen des Seyns selbst her fallende<br />
und weither ragende Ent-scheidung und nur so zu denken.<br />
Das Seyn, wie immer es <strong>zur</strong> Bedingung erhoben wird, ist so<br />
schon herabgesetzt in die Knecht- und Nachtragschaft zum Seienden.<br />
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