Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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444 VIII. Das Seyn<br />
261. Das Meinen des Seyns<br />
445<br />
Diese Meinung iiber das Seyn braucht ihre Richtigkeit nicht<br />
erst weitHiufig zu begriinden. Ihr wird die beste Bestatigung<br />
zugetragen durch jene Versuche, die, vielleicht noch gegen<br />
diese Meinung stehend, aber doch in ihrem Gesichtskreis gefesselt,<br />
diesem leeren Namen ein Geringstes an Fiille verschaffen<br />
mochten. Man nimmt das Seiende im Sinne des gegenstandlich<br />
Vorhandenen als das Fraglose und Unantastbare,<br />
dem man doch am gemaBesten bleibt, wenn das Vor-handene<br />
durchgangig <strong>zur</strong>n schlechthin Zuhandenen und dieses im<br />
durchaus technischen Sinne eingerichtet wird.<br />
Man nimmt das Seiende so und laBt das Sein nur zu als das<br />
im »Denken« gerade noch meinbare und beweist dann, das<br />
Sein sei eben dieses Allgemeinste.<br />
Warum aber raffen wir uns nicht zusammen, um einmal diese<br />
freilich gelaufigsten und am weitesten »voraus« gesetzten<br />
»Voraussetzungen« (daB das Seiende das Gegenstandliche sei<br />
und das Fassen des Seyns ein leeres Meinen des Allgemeinsten<br />
und seiner Kategorien) zu erschiittern? Weil wir gar zu schwer<br />
erkennen, wessen es dazu bedarf: der Erschiitterung dieses<br />
»wir«, des neuzeitlichen Menschen, der als »Subjektum« der<br />
Hort jener Voraussetzungen geworden ist, so zwar, daB der<br />
Subjektcharakter des Menschen selbst in der zugestandenen<br />
Vorherrschaft jener Voraussetzungen (des abendlandisch und<br />
neuzeitlich verfestigten Seinsverstandnisses) seinen Ursprung<br />
und die Stiitze seiner ungebrochenen Macht hat. Wie solI es da<br />
zu einer Erschiitterung kommen, die wesentlich mehr sein<br />
miiBte als die bloBe Abanderung eines Meinens iiber den Begriff<br />
des Seyns innerhalb des sonst ungestort weiter wirkenden<br />
»Subjekts«? Wie deutlich wird im Durchbliek durch diese»Voraussetzungen«,<br />
daB jenes Sichnichtkiimmern um das Seyn<br />
jederzeit im Recht ist und vollends dann, wenn es groBmiitig<br />
die Beschaftigung mit dem Sein den Begriffsspaltereien der<br />
wieder schulfahigen »Ontologie« iiberlaBt oder, was dasselbe<br />
bedeutet, der Meinung zustimmt, die jede »Ontologie« als<br />
»Rationalisierung« des Seins fiir unmoglich erklart. Denn mit<br />
diesem Entweder-Oder ist, jedes Mal auf dem Boden der Ontologie,<br />
iiber das Sein und das Meinen des Seins entsehieden, so<br />
selbstverstandlieh entschieden, daB man kaum mehr, und wohl<br />
mit Recht, hier noch »besondere« Notwendigkeiten des Entseheidens<br />
finden und zugeben moehte.<br />
Warurn schenken wir dann iiberhaupt noch diesem ontolo<br />
gieformigen Sichnichtkiimmern um das Sein das geringste<br />
Augenmerk? GewiB nicht, urn die jeweils vorgetragene Mei<br />
nung und Lehre yom Seyn oder die Ablehnung einer solehen<br />
Lehre <strong>zur</strong> Erorterung zu stellen oder gar abzuandern, sondern<br />
urn die Besinnung darauf zu lenken, daB alles gewohnliche<br />
Meinen iiber das Sein (die Ontologien und Antiontologien mit<br />
eingesehlossen) selbst die Herrschaft des Seins und seiner be<br />
stimmten gesehichtliehen »Wahrheit« zum Ursprung hat. (In<br />
der Antiontologie ist die Gleichgiiltigkeit gegen die Seinsfrage<br />
auf die Spitze getrieben.)<br />
Doch mer droht ein anderes MiBverstandnis: die Auffassung,<br />
es sollte jetzt die »anthropologische« Voraussetzung jenes Mei<br />
nens iiber das Sein »aufgezeigt« und mit dieser Aufweisung<br />
jenes Meinen fiir »widerlegt« gehalten werden. Aber gerade<br />
diese Auffassung ist nur eine weitere Folge jener Seinsmei<br />
nung.<br />
Die »Anthropologie« gehort ja selbst mit zu dem, was unter<br />
der Herrschaft jener Seinsauslegung stehl. Sie kann daher nie<br />
als Beweisgrund gegen sie in Ansprueh genommen werden,<br />
davon ganz zu schweigen, daB der Nachweis von irgendwelchen<br />
»Voraussetzungen«, auf denen eine Meinung ruht, noch nichts<br />
tiber ihre »Wahrheit« entscheidet, daB iiberhaupt Voraussetzungen<br />
als solche noch kein Einwand sind.<br />
Ein Anderes gilt es: im Siehnichtkiimmern urn das Seyn<br />
einen notwendigen Zustand zu erkennen, in dem sich ein ausgezeichnetes<br />
Stadium der Gesehichte des Seyns selbst verbirgt.<br />
Aus diesem Gleichgiiltigsten vielleieht aller Vorkommnisse innerhalb<br />
heutiger Begebenheiten den Anklang des entscheidenden<br />
<strong>Ereignis</strong>ses herauszuhoren.<br />
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