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Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe

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422 VIII. Das Seyn<br />

258. Die <strong>Philosophie</strong><br />

423<br />

solcher Antwort <strong>zur</strong> Sprache des kiinftigen Menschen gegrundet.<br />

So erst betritt der Mensch den nachsten langsamen Steg<br />

zum Seyn. Die seynsgeschichtliche Einzigkeit Holderlins muB<br />

zuvor gegrundet werden und alles »literar«- und dichtungshistorische<br />

Vergleichen, alles »aesthetische« Urteilen und Genie­<br />

Ben, alles »politische« Auswerten muB uberwunden sein, damit<br />

die Augenblicke der »Schaffenden« ihre »Zeit« erhalten (vgl.<br />

Uberlegungen VI, VII, VIII).<br />

Die geschichtliche Bestimmung der <strong>Philosophie</strong> gipfelt in der<br />

Erkenntnis der Notwendigkeit, Holderlins Wort das Gehor zu<br />

schaffen. Das Horen-konnen entspricht einem Sagen-konnen,<br />

das aus der Fragwiirdigkeit des Seyns spricht. Denn diese ist<br />

das Geringste, was <strong>zur</strong> Bereitung des Wortraumes geleistet<br />

werden muB. (Wenn nicht alles ins»Wissenschaftliche« und<br />

»Literarhistorische« verkehrt wurde, ware zu sagen: eine Vorbereitung<br />

des Denkens fur die Holderlinauslegung muB geschaffen<br />

werden. »Auslegung« meint hier allerdings nicht:<br />

»verstandlich« machen, sondem den Entwurf der Wahrheit<br />

seiner Dichtung in die Besinnung und Stimmung grunden, in<br />

denen das kiinftige Da-sein schwingt.) (vgl. Uberlegungen VI<br />

und VII Holderlin)<br />

Diese geschichtliche Wesenskennzeichnung der <strong>Philosophie</strong><br />

begreift sie als Denken des Seyns. Dieses Denken darf nie<br />

in eine Gestalt des Seienden fliichten und in ihr alles Lichte<br />

des Einfachen aus dem gesammelten Reichtum seines gefiigten<br />

Dunkeis erfahren. Dieses Denken kann auch nie der<br />

Auflosung in das Gestaltlose folgen. Dieses Denken muB diesseits<br />

von Gestalt und Gestaltiosem (was ja nur im Seienden<br />

ist) im Abgrund des Gestaltgrundes den Wurfschwung seiner<br />

Geworfenheit auffangen und in das Offene des Entwurfs<br />

tragen. Das Denken des Seyns muB ganz anders als jede Anmessung<br />

an Gegenstandliches dem Zu-Denkenden selbst gehoren,<br />

weil das Seyn die eigene Wahrheit nicht als Zugabe<br />

und Angetragenes duldet, sondem selbst das Wesen der Wahrheit<br />

»ist«. Die Wahrheit, jene Lichtung des Sichverbergen­<br />

den, in deren Offenem die Gotter und der Mensch zu ihrer<br />

Ent-gegnung ereignet werden, eroffnet selbst das Seyn als<br />

Geschichte, die wir vielleicht denken miissen, wenn wir den<br />

Raum bereitstellen sollen, der zu seiner Zeit das Wort Holderlins,<br />

das wieder die Gotter nennt und den Menschen, im Widerklang<br />

bewahren muB, damit dieser jene Grundstimmungen<br />

anstimme, die den kiinftigen Menschen in die Wachterschaft<br />

der Notschaft der Gotter bestimmen.<br />

Diese seinsgeschichtliche Kennzeichnung der <strong>Philosophie</strong> bedarf<br />

einer Erlauterung, die eine Erinnerung an das bisherige<br />

Denken (die Metaphysik) zu Hilfe nimmt, aber zugleich dieses<br />

und das Kiinftige in die geschichtliche Zusammengehorigkeit<br />

<strong>zur</strong>uckverlegt.<br />

Der Name »Metaphysik« wird hier unbedenklich <strong>zur</strong> Kennzeichnung<br />

der ganzen bisherigen Geschichte der <strong>Philosophie</strong><br />

gebraucht. Er gilt nicht ais Titel einer »Disciplin« der Schulphilosophie;<br />

auch seine spate und nur z. T. kiinstliche Entstehung<br />

bleibt unbeachtet. Der Name soIl sagen, daB das Denken<br />

des Seins das Seiende im Sinne des Anwesend-Vorhandenen<br />

zum Ausgang und Ziel nimmt fiir den Uberstieg zum Sein, der<br />

zugleich und sogleich wieder zum Riickstieg in das Seiende<br />

wird. /<br />

Die Meta-physik ist die Rechtfertigung der »Physik« des<br />

Seienden durch die standige Flucht vor dem Seyn. Die »Metaphysik«<br />

ist die uneingestandene Verlegenheit zum Seyn und<br />

der Grund der schlieBlichen Seinsverlassenheit des Seienden.<br />

Die Unterscheidung des Seienden und des Seins wird in die<br />

Harmlosigkeit eines nur vorgestellten Unterschiedes (eines<br />

»logischen«) abgeschoben, wenn iiberhaupt innerhalb der Metaphysik<br />

dieser Unterschied selbst als ein solcher ins Wissen<br />

kommt, was strenggenommen ausbleibt und ausbleiben muB,<br />

da ja das metaphysische Denken nur im Unterschied sich halt,<br />

aber so, daB in gewisser Weise das Sein selbst eine Art des<br />

Seienden ist. Erst der Ubergang in den anderen Anfang, die<br />

erste Uberwindung der Metaphysik, unter iiherganglichnot­

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