Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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438 VIII. Das Seyn<br />
259. Die <strong>Philosophie</strong><br />
439<br />
aIles Aussagen iiber »Sein« und »Wesen« der Gotter von ihnen<br />
und d. h. jenem Zu-Entscheidenden nicht nur nichts sagt, sondem<br />
ein Gegenstandliches vortauscht, an dem aIles Denken zuschanden<br />
wird, weil es sogleich auf Abwege gedrangt ist. (In<br />
der metaphysischen Betrachtung muB der Gott als der Seiendste,<br />
als erster Grund und Ursache des Seienden, als das Un<br />
-bedingte, Un-endliche, Absolute vorgesteIlt werden. AIle diese<br />
Bestimmungen entspringen nicht dem Gotthaften des Gottes,<br />
sondern dem Wesen des Seienden als solchen, sofern dieses, als<br />
Bestandig-Anwesendes, Gegenstandliches, schlechthin an sich<br />
gedacht und im vor-steIlenden Erklaren das Klarste dem Gott<br />
als Gegen-stand zugesprochen wird.)<br />
Der Abspruch des Seins an »die Gotter« bedeutet zunachst<br />
nur: das Sein steht nicht »iiber« den Gottern; aber diese auch<br />
nicht »iiber« dem Sein. Wohl aber bediirfen »die Gotter« des<br />
Seyns, mit welchem Spruch schon das Wesen »des« Seyns gedacht<br />
wird. »Die Gotter« bediirfen des Seyns nicht als ihres<br />
Eigentums, darin sie selbst einen Stand finden. »Die Gotter«<br />
brauchen das Seyn, um durch dieses, das ihnen nicht gehort,<br />
doch sich selbst zu gehoren. Das Seyn ist das von den Gottern<br />
Gebrauchte; es ist ihre Not, und die Notschaft des Seyns nennt<br />
seine Wesung, das von »den Gottern« Ernotigte, aber nie Verursachbare<br />
und Bedingbare. DaB »die Gotter« das Seyn brauchen,<br />
riickt sie selbst in den Abgrund (die Freiheit) und spricht<br />
die Versagung jeglichen Begriindens und Beweisens aus. Und<br />
so dunkel noch die Notschaft des Seyns fiir das Denken bleiben<br />
muB, sie gibt doch den ersten Anhalt, um »die Gotter« zu denken<br />
als Jene, die das Seyn brauchen. Wir voIlziehen damit die<br />
ersten Schritte in die Geschichte des Seyns, das seynsgeschicht<br />
Hche Denken hebt so erst an, und jede Anstrengung, das Gesagte<br />
in diesem Beginn zu einer gewohnten Verstandlichkeit<br />
verzwingen zu wollen, ist vergeblich und vor allem gegen die<br />
Art solchen Denkens. Wenn aber das Seyn die Notschaft des<br />
Gottes ist, das Seyn selbst aber nur im Er-denken seine Wahrheit<br />
findet, dieses Denken aber die <strong>Philosophie</strong> (im anderen<br />
Anfang) ist, dann bediirfen »die Gotter« des seynsgeschichtlichen<br />
Denkens, d. h. der <strong>Philosophie</strong>. »Die Gotter« bediirfen<br />
der <strong>Philosophie</strong>, nicht als ob sie selbst philosophieren miiBten<br />
um ihrer Gatterung willen, sondern <strong>Philosophie</strong> muB sein,<br />
wenn »die Gotter« noch einmal in die Entscheidung kommen<br />
soIlen und die Geschichte ihren Wesensgrund erlangen solI. Von<br />
den Gattern her bestimmt sich das seynsgeschiehtliehe Denken<br />
als jenes Denken des Seyns, das den Abgrund der Notschaft des<br />
Seyns als Erstes begreift und niemals im Gotthaften selbst als<br />
dem vermeintlich Seiendsten das Wesen des Seyns sucht. Das<br />
seynsgeschichtliche Denken steht auBerhalb jeder Theologie<br />
und kennt aber auch keinen Atheismus im Sinne einer »Weltanschauung«<br />
oder einer sonstwie gearteten Lehre.<br />
Den Abgrund der Notschaft des Seyns begreifen besagt: in<br />
die Notwendigkeit versetzt werden, dem Seyn die Wahrheit zu<br />
griinden und den Wesensfolgen dieser Notwendigkeit nicht<br />
widerstehen, sondern ihnen entgegen denken und somit wissen,<br />
daB alles Denken des Seyns durch jene Notwendigkeit jeg<br />
Heher bloB menschlichen Veranstaltung entzogen wird, ohne<br />
dem Anspruch auf »Absolutheit« zu verfaIlen.<br />
Von den Gottern her das seynsgeschichtliche Denken begreifen<br />
ist aber »das selbe« wie der Versuch einer Wesensanzeige ./<br />
dieses Denkens yom Mensehen aus.<br />
Zu 2. Doch hier gilt ebenso, daB keine bestehende und gewohnte<br />
Auffassung des Menschen zum Ausgang dienen kann,<br />
wei! das Erste, was die notschaftliehe Notwendigkeit des Denkens<br />
fordert, sich in einer Wesensverwandlung des bisherigen<br />
Menschen erfiillen muB. Warum?<br />
Denken wir das Menschenwesen auch nur in der seit Jahrhunderten<br />
gewohnten Bestimmung als animal rationale nur<br />
entschieden genug, dann konnen wir an dem langst fad und<br />
leer gewordenen Bezug zum Sein nicht vorbeidenken, der noch<br />
in der »Verniinftigkeit« dieses Lebewesens gemeint ist. Man<br />
mag bei der rasch ansteigenden Ratlosigkeit gegeniiber dem<br />
»metaphysischen« Wesen der Vernunft sich nach dem letzten,