Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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100 1. Vorblick<br />
46. Die Entscheidung<br />
(Vorbegriff)<br />
W oruber? Dber Geschichte oder Geschichtsverlust, d. h. iiber<br />
Zugehorigkeit zum Seyn oder Verlassenheit im Unseienden.<br />
Warum Entscheidung, d. h. weshalb? LaBt sich dariiber entscheiden?<br />
Was ist iiberhaupt Entscheidung? Die Wahl; nein, Wahlen<br />
geht immer nur auf Vorgegebenes und Nehm- und Abweisbares.<br />
Ent-scheidung meint hier das Griinden und Schaffen, vorweg<br />
und iiber sich hinaus Verfiigen bezw. Aufgeben und Verlieren.<br />
Doch ist das nicht iiberall und hier eine AnmaBung und Unmoglichkeit<br />
zugleich? Kommt und geht nicht die Geschichte<br />
verborgen, wie sie geht? Ja und nein.<br />
Die Entscheidung fallt in der stillsten Stille und hat die<br />
langste Geschichte.<br />
Wer entscheidet? Jeder, auch durch die Nichtentscheidung<br />
und das Nichtwissenwollen von ihr, durch das Ausweichen vor<br />
der Vorbereitung.<br />
Was steht <strong>zur</strong> Entscheidung? Wir selbst? Wer wir? In unserer<br />
Zugehorigkeit und Nichtzugehorigkeit zum Sein.<br />
Die Entscheidung auf die Wahrheit des Seins bezogen, nicht<br />
nur bezogen, sondern nur aus ihr bestimmt.<br />
Entscheidung ist somit in einem ausgezeichneten Sinn gemeint,<br />
daher auch die Rede von der auBersten Entscheidung,<br />
die zugleich die innerste ist.<br />
Weshalb aber diese Entscheidung? Weil nur noch aus dem<br />
tiefsten Grunde des Seyns selbst eine Rettung des Seienden;<br />
Rettung als rechtfertigende Bewahrung des Gesetzes und Auftrags<br />
des Abendlandes. Muf3 das sein? Inwiefem nur noch so<br />
eine Rettung? Weil die Gefahr aufs auBerste gestiegen, da<br />
tiberall die Entwurzelung und, was noch verhangnisvoller, weil<br />
die Entwurzelung bereits dabei ist, sich zu verhiillen - der Beginn<br />
der Geschichtslosigkeit schon da.<br />
~<br />
47. Das Wesen der Entscheidung: Sein oder Nichtsein 101<br />
Die Entscheidung fallt im Stillen, nicht als BeschluB, sondem<br />
als Entschlossenheit, die schon die Wahrheit griindet und d. h.<br />
das Seiende umschafft und so schaffende Entscheidung ist bezw.<br />
Betaubung.<br />
Warum aberund wie Vorbereitung dieser Entscheidung?<br />
Der Kampf gegen die Zerstorung und Entwurzelung ist nur<br />
der erste Schritt in der Vorbereitung, der Schritt in die Nahe<br />
des eigentlichen Entscheidungsraumes.<br />
47. Das Wesen der Entscheidung: Sein oder Nichtsein*<br />
kann nur aus ihrer wesentlichen Wesung her bestimmt werden.<br />
Entscheidung ist Entscheidung zwischen Entweder - Oder.<br />
Aber damit wird ja schon das Entscheidungshafte vorweggenommen.<br />
Woher das Entweder - Oder? Woher dieses: nur dieses<br />
oder nur dieses? Woher die Unumganglichkeit des so oder<br />
so? Bleibt nicht das dritte, die Gleichgiiltigkeit? Aber hier im<br />
AuBersten nicht moglich.<br />
Was ist hier das AuBerste: Sein oder Nichtsein und zwar<br />
nicht das Sein von irgend einem Seienden, etwa des Menschen,<br />
sondem Wesung des Seins oder?<br />
Warum kommt es hier zum Entweder- Oder?<br />
Die Gleichgiiltigkeit ware nur das Sein des Unseienden, nm<br />
das hohere Nichts.<br />
Denn »Sein« meint hier nicht an sich Vorhandensein, und<br />
Nichtsein meint hier nicht: volliges Verschwinden, sondem<br />
Nichtsein als eine Art des Seins: Seiend und doch nicht; und<br />
ebenso Sein: nichthaft und doch gerade Seiend.<br />
Dieses in die Wesung des Seins <strong>zur</strong>iickgenommen, verlangt<br />
die Einsicht in die Zugehorigkeit des Nichts zum Sein, und erst<br />
so bekommt das Entweder - Oder seine Scharfe und seinen<br />
Ursprung.<br />
Weil das Seyn nichthaft, braucht es zum Bestandnis seiner<br />
* vgl. Der Sprung, 146. Seyn und Nichtseyn.