13.07.2015 Aufrufe

Sprechen über sich selbst als kontrastives Verfahren - Verlag für ...

Sprechen über sich selbst als kontrastives Verfahren - Verlag für ...

Sprechen über sich selbst als kontrastives Verfahren - Verlag für ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

1030967 in kursen <strong>für</strong> ((Thema)) 710968 (.) die könn' (.)0969 du kannst mir ruhig zehn mEhr geh:m- (--)0970 mir MACHT das nix.Lehrer L1 berichtet hier von einer tatsächlich stattgefundenen Situation, in der ervon einem Kollegen gebeten wurde, zusätzliche SchülerInnen in einen seiner Kurseaufzunehmen. Seine Reaktion darauf rekonstruiert er in Form einer <strong>selbst</strong>indiziertenÄußerung, in der er der möglichen Mehrbelastung durch zusätzliche SchülerInnenzustimmt und diese <strong>als</strong> völlig problemlos abtut. 72 Dadurch erscheint erim obigen Beispiel <strong>als</strong> im Großen und Ganzen recht entspannter Lehrer, der nacheigener Aussage gut mit größeren Gruppen und einer Mehrfachbelastung zurechtkommt.73 Auch hier wird auf einen realen Zeitpunkt referiert (jetz, Z. 0965) unddie nachfolgende inszenierte Rede <strong>als</strong> Nacherzählung gekennzeichnet.SprecherInnen nutzen allerdings nicht nur ihr reales Selbst <strong>als</strong> Ressource zur Identitätsher-und Selbstdarstellung, sondern können in Form von <strong>selbst</strong>indizierterRede auch fiktive Versionen ihrer Selbst entwerfen, die dem realen Selbst diametralentgegengesetzt sind. 74 Kontrastivität kann <strong>als</strong>o auch durch ein Nicht-EGO anstatteines ALTER dargestellt werden. Ähnlich wie die Selbstcharakterisierungdurch nicht-zutreffende Kategorien (s. Kap. 8.4.1) erfüllt dieses Format denZweck, das Selbst deutlicher zu konturieren, seine 'Grenzen' gewissermaßentrennschärfer zu machen. L2 nutzt diese Möglichkeit, indem er in einer Art Ausschlussverfahrenerklärt, was er unter guter Unterrichtskommunikation versteht:Bsp. (6.5)1088 L2: <strong>als</strong>o ich würd erstmal sagen was schlEchte is; (.)1089 das fÄllt mir [vielleicht am lEIchtesten. (-)1090 IN: [ja=a; (-) ja=a;1091 L2: schlEchte wäre (.) wenn; (-)1092 Ich sage sO sO mAchen wir=s?1093 IN: 1094 L2: und dann mAchen alle?1095 [und dann is frAge Antwort;1096 IN: [1097 L2: frAge Antwort; En[de; tschÜ:s. (-)1098 IN: [1099 L2: dAs würd=ich sagen is schlEchte71727374Das Kursthema wurde aus Datenschutzgründen anonymisiert.Hier ist die Abwesenheit einer inneren Stimme auffällig, die ja bei L2 inneres Erleben undäußere Reaktion kontrastiert hat.Die meisten Lehrer reagieren nicht unbedingt enthusiastisch auf die Ankündigung, dass <strong>sich</strong>ihr sowieso schon gut besetzter Kurs um weitere Teilnehmerinnen vergrößern wird. L1 reagierthier in einer <strong>für</strong> ihn typischen Weise und macht so deutlich, dass er die üblichen Unbillenund Hindernisse des Lehreralltags ohne größere Probleme wegstecken und mit ihnen umgehenkann. Ein solches Display von Nonchalance und Souveränität wird systematisch anmehreren Stellen seines Interviews gezeigt und trägt dazu bei, ihn <strong>als</strong> eine ganz bestimmteArt von Lehrer zu charakterisieren (vgl. auch Kap. 9).Zum Rückgriff auf fiktive Ressourcen im Kontext von Vorwurfsaktivitäten s. Günthner 1997,S. 20ff. Auch im Kontext von Scherzaktivitäten spielt die Fiktionalisierung von Personen einewichtige Rolle; vgl. z.B. Kotthoff 1998.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!