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Sprechen über sich selbst als kontrastives Verfahren - Verlag für ...

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48kennbarer Weise signalisieren, dass sie mit der Beendigung einer Interaktion einverstandensind, kann diese auch tatsächlich beendet werden, ohne dass die Interaktionsordnunggefährdet wird.Anhand dieser 'Ränder' von Interaktionen wird die Komplementarität von GoffmansKonzepten und der Arbeitsweise der Konversationsanalyse deutlich: Inkonversationsanalytischen Untersuchungen zu Begrüßungen und Verabschiedungenwurde gezeigt, dass <strong>sich</strong> die rituellen Verpflichtungen der InteraktantInnensequentiell rekonstruieren lassen. 26 Sowohl Anfänge <strong>als</strong> auch Beendigungen vonGesprächen werden ausgehandelt. Mit beiden Gesprächsphasen gehen typischeAufgaben der Beteiligten einher: Während in Gesprächsanfängen die individuelleVerfügbarkeit sowie die lokal relevanten TeilnehmerInnenidentitäten ausgehandeltwerden und somit Verständigung <strong>über</strong> eine gemeinsame Situationsdefinitionerfolgt, wird ebendiese Verfügbarkeit in den Endphasen von Gesprächen wiederaufgelöst. Typischerweise zeichnet <strong>sich</strong> das Ende von Gesprächen dadurch ab,dass keine neuen Themen mehr initiiert werden, Resümees oder Evaluationen desbisherigen Gesprächs stattfinden, Vereinbarungen <strong>für</strong> die Zukunft getroffen sowieWünsche und Grüße ausgesprochen werden. Dass dies auch <strong>für</strong> die Beendigungeinzelner Gesprächsphasen gilt, wurde in Kap. 2.2 am Beispiel der wechselseitigenAushandlung des 'eigentlichen' Interviewbeginns gezeigt – und auch hierwurde deutlich, dass eine neue Phase erst dann begonnen werden konnte, nachdemdie vorangegangene Phase von beiden InteraktantInnen <strong>als</strong> beendet ausgehandeltwurde. Sowohl in der Anfangs- <strong>als</strong> auch in der Endphase von Gesprächenund Gesprächsphasen spielen Adjacency Pairs eine wichtige Rolle, denn sie erlaubenden GesprächspartnerInnen Inferenzen dar<strong>über</strong>, ob Intersubjektivität inBezug auf die individuelle Verfügbarkeit vorliegt oder nicht. Am Beispiel desGrußes wird dies deutlich: Ein Gruß <strong>als</strong> erster Teil eines Adjacency Pairs etablierteine konditionelle Relevanz, die die Produktion eines Gegengrußes <strong>als</strong> zweitenTeil des Adjacency Pairs erwartbar macht. Erfolgt der Gegengruß nicht, liegt einFall von relevanter Abwesenheit vor: Das nicht zurückgegrüßte Gegen<strong>über</strong> ziehtnun Inferenzen <strong>über</strong> den Hintergrund des ausgebliebenen Gegengrußes. WelcheSchlussfolgerung auch immer das Ergebnis ist – fest steht, dass der nicht erfolgteGegengruß eine nachfolgende Interaktion eher unwahrscheinlich macht, da es einwechselseitig wahrnehmbares Ungleichgewicht von Zugänglichkeitsbekundungengibt. 27Goffman geht allerdings davon aus, dass nicht nur diese ‚Randpunkte’ von Interaktionenrituell markiert sind, sondern auch in laufenden Interaktionen dauerhaftRituale notwendig sind, mit denen <strong>sich</strong> die TeilnehmerInnen gegenseitig ver<strong>sich</strong>ern,dass sie die jeweiligen Selbstdarstellungsbedürfnisse anerkennen und bereitsind, zum Fortbestehen der jeweiligen Interaktion beizutragen. Diese Bestätigung2627Zu Gesprächsanfängen vgl. z.B. Berens (1981), Schegloff (1968). Zu Gesprächsbeendigungenvor allem bei Telefongesprächen vgl. z.B. Schegloff & Sacks (1973), Hutchby & Barnett(2005) oder Harren & Raitaniemi (2008).Der Verweis auf Inferenzbildung findet <strong>sich</strong> auch bei Goffman (1974/1982, S. 113): „Freunde,die feststellen, dass ein Gruß nicht erwidert wurde, werden das Gefühl haben, dass ‚etwasnicht in Ordnung ist’.“

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