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Sprechen über sich selbst als kontrastives Verfahren - Verlag für ...

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45der Eindruck, den sie beim Gegen<strong>über</strong> erzeugen, möglichst mit dem Eindruck<strong>über</strong>einstimmt, den sie auch vermitteln wollen?Für die Fragestellung dieser Arbeit sind beide Aspekte wichtig: Das Individuummuss einerseits wissen, auf welchen Zeichenvorrat es zurückgreifen sollte, umausgehend von dem Zeicheninventar, das es bereits in verkörperter Form besitzt,seine Selbstdarstellungsziele in einer Interaktion zu erreichen. Es muss abergleichzeitig auch wissen, in welcher Weise die von ihm produzierten Zeichen interpretiertwerden können. 22 Der Begriff des Selbst bezieht <strong>sich</strong> <strong>als</strong>o immer aufzwei Dinge: Zum einen auf das Individuum, das Informationen auswählt (immerin dem Wissen, dass diese Informationsauswahl von seinem Gegen<strong>über</strong> in bestimmterWeise interpretiert wird), zum anderen aber auch auf das soziale Produktdieses Auswahlprozesses: „Das Bild, von dem man möchte, dass andere es voneinem besitzen [...] führt dazu, sein Verhalten so einzurichten, dass andere diesesBild bekommen." (Haferland & Paul, S. 1996). Durch die Auswahl von Symbolenwird das Individuum <strong>selbst</strong> zum Zeichen.3.2.3 Face und Face-­‐Work: Der rituelle Charakter des Selbst Das Konzept des Face 23 (Goffman 1967/1975) fasst die bisher beschriebenenProzesse der interaktiven Selbst-Konstruktion zusammen: In ihm wird das Individuum<strong>als</strong> ZeichenverwenderIn bzw. -ProduzentIn zu einem konkreten Gegen<strong>über</strong>in Beziehung gesetzt und verdeutlicht, wie das Selbst <strong>als</strong> Ergebnis von Interaktionenhervorgebracht wird. Face gilt <strong>als</strong>[...] der positive soziale Wert [...], den man <strong>für</strong> <strong>sich</strong> durch die Verhaltensstrategieerwirbt, von der die anderen annehmen, man verfolge sie in einer bestimmtenInteraktion. (ebd., S. 10)Face beinhaltet eine Kombination aus Selbst- und Fremdbild der AkteurInnenbzw. zielt auf die Relation beider Komponenten ab: Es kommt nicht allein daraufan, dass einE AkteurIn <strong>sich</strong> beispielsweise <strong>als</strong> aufmerksameR ZuhörerIn zeigenmöchte; das jeweilige Verhalten muss auch intersubjektiv entsprechend erkennbar2223Hier unmittelbar anschlussfähig ist das aus der Konversationsanalyse stammende analytischeAb<strong>sich</strong>erungsverfahren des „next turn proof“ (s. Kap. 2.1), das mit der Sequenzialität vonGesprächen zusammenhängt. Analytische Aussagen dar<strong>über</strong>, wie SprecherInnen ihre jeweiligenAussagen verstehen, können immer nur rückblickend vorgenommen werden, denn dasVerständnis einer bestimmten Äußerung zeigt <strong>sich</strong> immer nur an der nachfolgenden Äußerung.Einen ähnlichen Gedanken äußert auch Goffman (1959/2009, S. 6) <strong>selbst</strong>: „Nehmenwir Kommunikation aus ihren beiden oben genannten Bedeutungen [d.h. given und given offinformation, J.S.], dann stellen wir fest, dass das Verhalten des Einzelnen in unmittelbarerAnwesenheit anderer eigentlich erst aus der Zukunftsperspektive beurteilt werden kann.“Auch wenn auf die deutsche Übersetzung des Aufsatzes referiert wird, wird trotzdem derenglische Originalbegriff Face verwendet – die deutsche Übersetzung „Image“ ist m. A. n. irreführend,da der gleichlautende alltagssprachliche Begriff nicht das Gleiche meint. Das Alltagskonzeptdes Images betont zwar auch den Konstruktionscharakter von Selbstbildern (mankann z.B. ‚an seinem Image arbeiten’), zielt aber nicht so sehr auf die lokale Produktion vonImage im Goffman’schen Sinne ab. Auch die Relevanz interaktiver Bestätigung wird imRahmen des Alltagsbegriffs vernachlässigt. Alltags-Images sind eher <strong>als</strong> situations<strong>über</strong>greifendeCharakterzeichnungen zu sehen (z.B. „XY hat das Image eines Dickkopfes“) und nicht<strong>als</strong> situationsabhängige Konstrukte.

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