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Sprechen über sich selbst als kontrastives Verfahren - Verlag für ...

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76die eigene Gruppe zu bestätigen. Eine weitere Gattungsfamilie, durch die ein spezifischesinteraktives Problem bearbeitet wird, besteht in den rekonstruktiven Gattungen,zu denen klassischerweise auch Erzählungen gehören. Das zu lösendeinteraktive Problem besteht hierbei in der kommunikativen Rekonstruktion vergangenerErfahrungen und Erlebnisse. Bergmann (2000) kritisiert zu Recht, dassder Modus der Narration nicht der einzig Mögliche ist, um genau dieses Problemzu bearbeiten, und dass auch nicht-narrative, szenische Formen verwendet werden,um Vergangenes kommunikativ zu vergegenwärtigen. Daher argumentiert erda<strong>für</strong>, anstatt von rekonstruktiven Gattungen von reinszenierenden Gattungen zusprechen, denn so kämen auch diejenigen sprachlichen Formen in den Blick, die<strong>sich</strong> nicht unter den gängigen gesprächsanalytischen Erzähldefinitionen subsumierenlassen. Da<strong>für</strong> sprechen weiterhin Forschungsansätze jüngeren Datums, in denenimmer stärker <strong>für</strong> die Relevanz sog. "small stories" <strong>für</strong> die gesprächsanalytischeErzählforschung plädiert wird (v.a. Georgakopoulou 2007a). Auf diese Diskussionwerde ich in Kap. 4.2.3.1 noch eingehen.4.2.2.2 Mündliches Erzählen im Alltag und im Interview Je nachdem, in welcher konkreten Situation erzählt wird (in welche Außenstruktur<strong>als</strong>o die unterschiedlichen Erzählungen eingebettet sind), ergeben <strong>sich</strong> unterschiedlicheKonsequenzen <strong>für</strong> die Ausgestaltung einer Erzählung. Da es <strong>sich</strong> beiden dieser Arbeit zu Grunde liegenden Daten um Interviewererzählungen handelt,werde ich die Spezifika dieser Erzählsorte im Kontrast zum Erzählen in der Alltagsinteraktionherausarbeiten. Dabei wird illustriert werden, wie die strukturellenBestandteile von Erzählungen <strong>als</strong> reinszenierenden kommunikativen Gattungenmiteinander verknüpft sind. Dies wird am Deutlichsten, wenn man die spezifischeAushandlung von Erzählungen <strong>als</strong> interaktiven Ereignissen aus konversationsanalytischerSicht betrachtet. Hier werden vor allem Faktoren beschrieben, die derstrukturellen Zwischenebene von Gattungen zuzurechnen sind. Aus dieser Perspektiveist konversationelles Erzählen im Alltag in erster Linie eine interaktiveLeistung aller Beteiligten, <strong>für</strong> die spezifische Aufgaben bearbeitet werden müssen.An erster Stelle müssen die in Alltagsgesprächen greifenden Mechanismender Rederechts<strong>über</strong>gabe <strong>für</strong> den Zeitraum der Erzählung außer Kraft gesetzt werden,damit die erzählende Person ihre Geschichte in Gänze präsentieren kann.Dies geschieht durch "story prefaces" (Sacks 1971), in denen eine Erzählung <strong>als</strong>"multi-turn unit" (ebd.) angekündigt wird. Diese Ankündigung wird den weiterenInteraktantInnen zur Bearbeitung angeboten - sie kann entweder abgelehnt oderzustimmend aufgenommen werden; erst wenn alle Beteiligten signalisiert haben,dass sie damit einverstanden sind, ein Ereignis narrativ präsentiert zu bekommen,kann die erzählende Person mit ihrer Geschichte beginnen. 57 Die präsentierte Geschichte<strong>selbst</strong> kann dabei auch durchaus ein Produkt mehrerer ErzählerInnen sein(vgl. Quasthoff 1980b); und auch die ZuhörerInnen <strong>selbst</strong> haben maßgeblichen57Hausendorf & Quasthoff (1996, S.124ff.) entwickeln dazu ein „Schüssel-Modell“, in dem dieInteraktantInnen durch die „Jobs“ Darstellen von Inhaltsrelevanz – Thematisierung – Elaborierung/ Dramatisierung – Abschließen – Überleiten die konversationelle Ein- und Ausbettungeiner Erzählung in ein laufendes Gespräch bearbeiten.

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