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Sprechen über sich selbst als kontrastives Verfahren - Verlag für ...

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71Erinnerungs'perlen', um in der Begrifflichkeit der obigen Metapher der Schnur zubleiben, ein ganz bestimmtes Bild produziert wird:[...] jedes Individuum [gliedert] die Ereignisse im Leben der Gemeinschaft,die allen gemeinsam sind, unter einem Aspekt [...], der <strong>sich</strong> von dem jedesanderen Individuums unterscheidet. (Mead 1980c, S. 309)Die Außenwahrnehmung durch Dritte kann im Moment der Selbstobjektivierungdurch das Individuum <strong>selbst</strong> gelenkt werden, indem dem Selbst vor allem erzählerischeine bestimmte Bedeutung verliehen wird, es <strong>als</strong>o ähnlich wie im Übergangvon Geste zu signifikantem Symbol mit Bedeutung aufgeladen wird. Den verallgemeinertenAnderen <strong>als</strong> das Selbst vereinende Instanz zu bezeichnen, ist demzufolgeeine etwas zu ungenaue Sicht: Der konkrete Moment der Selbstobjektivierungqua Dialog mit anderen ist das Einheit schaffende Element; <strong>als</strong>o der Vorgang,innerhalb dessen die eigene Person durch verbale Objektivierung narrativdargestellt wird. Die Einheit des Selbst ist hier vor allem eine zeitliche:Identität findet je in einer Gegenwart statt und erhält ihre temporale Konsistenzgegebenenfalls, nicht notwendigerweise, durch narrativ-biographischeSelbstreflexion. (Jörissen 2000, S. 96, Hervorh. i. Orig.) 54Auch das Individuum <strong>selbst</strong> wird durch die Bedeutungen, die das Resultat sozialenHandelns sind, geschaffen. Erzählungen können dabei <strong>als</strong> ein möglichesTransportmittel <strong>für</strong> sprachliche Symbole des Selbst betrachtet werden. Berger &Luckmann (1969, S. 24) erklären den besonderen Stellenwert sprachlicher Symbolewie folgt:Die Wirklichkeit der Alltagswelt erscheint bereits objektiviert, das heißt konstituiertdurch eine Anordnung der Objekte, die schon zu Objekten deklariertworden waren, längst bevor ich auf der Bühne erschien. Die Sprache, die imalltäglichen Leben gebraucht wird, versorgt mich unaufhörlich mit den Objektivationenund setzt mir die Ordnung, in welcher diese ObjektivationenSinn haben und in der Alltagswelt mir sinnhaft erscheint.Die durch Sprache zur Verfügung gestellten Objektivationen sind schließlich auchdiejenigen Ressourcen, auf die SprecherInnen in autobiographischen Erzählungenzurückgreifen; sie liefern <strong>als</strong>o das Vokabular inklusive durch selbiges transportierteBedeutungen, mit denen die eigene Identität intersubjektiv ‚nach außen’transportiert und an der sprachlichen Oberfläche dargestellt werden kann – <strong>als</strong>ogenau in den Raum hinein, der „mittlere Transzendenz“ im Sinne von Schütz &Luckmann kennzeichnet (s. Kap. 2.6). Das Ergebnis ist eine narrative Identität miteiner spezifischen, symbolisch vermittelten Bedeutung. Die 'Passung' einzelnerEreignisse in die <strong>über</strong>geordnete organisierende Instanz der subjektiven Identitätist <strong>als</strong>o das entscheidende Maß bei der Frage, welche Ereignisse wie narrativ aufbereitetwerden. Dieser Aspekt der narrativen Rekonstruktion von Ereignissenwird im nächsten Kapitel näher beleuchtet.54Vgl. auch Ezzy (1998) und seine Deutung des Self <strong>als</strong> temporaler Struktur im Versuch, dasKonzept des Narrativen in den Sozialwissenschaften zu etablieren.

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