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Sprechen über sich selbst als kontrastives Verfahren - Verlag für ...

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65das Kind in der Play-Phase nacheinander verschiedene Rollen 45 (bei Mead definiert<strong>als</strong> charakteristische Verhaltensmuster) einnimmt und aus diesen verschiedenenRollen auf <strong>sich</strong> <strong>selbst</strong> reagiert, lernt es, die eigene Person mit den Augen ihrerAußenwelt zu betrachten und entsprechende Reaktionstendenzen in <strong>sich</strong> <strong>selbst</strong>auszulösen (Außenwelt meint hier vor allem das enge familiäre Umfeld, <strong>als</strong>o dieunmittelbaren Bezugspersonen des Kindes - in der Terminologie Berger & Luckmanns(1969) handelt es <strong>sich</strong> hierbei um "signifikante Andere"). Die durch dieplay-Phase und die "einfachste Art und Weise, wie man <strong>sich</strong> <strong>selbst</strong> gegen<strong>über</strong> einanderer sein kann" (Mead 1986, S. 193) in ihren Grundzügen erworbene Fähigkeitzur Selbstobjektivierung wird durch die Teilnahme an organisierten Wettspielenverfeinert und ausdifferenziert. Hier muss das Kind in der Lage sein, nicht nureinige ausgewählte Haltungen zu <strong>über</strong>nehmen, sondern es muss die Haltungenund damit verbundenen Handlungstendenzen aller Beteiligten in internalisierterForm verfügbar haben. Nur so ist es möglich, dass es erfolgreich, <strong>als</strong>o auf ein<strong>über</strong>geordnetes, gemeinsames Ziel bezogen, am Wettspiel teilnehmen kann. DasKind muss wissen, welche Handlungen es theoretisch von seinen MitspielerInnenerwarten kann (welcher Art <strong>als</strong>o die Reaktionsmöglichkeiten sind, die den anderenMitspielerInnen zur Verfügung stehen), welche Handlungsmöglichkeiten ihm<strong>selbst</strong> offenstehen und welchen <strong>über</strong>geordneten Regeln das Verhalten aller unterliegt(vgl. ebd, S. 192). Die Verinnerlichung solcher komplexer Rollengefüge resultiertin der Bildung des verallgemeinerten Anderen: Der heranwachsendeMensch lernt im Laufe seiner Entwicklung, die Haltungen aller Mitmenschen (<strong>als</strong>oder Gesellschaft) zu verinnerlichen, zu abstrahieren und vergleichend auf eigeneHandlungsentwürfe anzuwenden. Indem das Individuum die Haltungen derGesellschaft verinnerlicht, <strong>über</strong>nimmt es deren normativen Moralvorstellungenund 'Spielregeln'. Es qualifiziert <strong>sich</strong> gewissermaßen <strong>als</strong> kompetentes Mitgliedeiner Gemeinschaft, weil es in der Lage ist, angemessen zu handeln.Parallel zur Verinnerlichung generalisierter Haltungen und der Bildung des verallgemeinertenAnderen entwickelt <strong>sich</strong> einer von zwei Bestandteilen der Identität,nämlich das ME. 46 In ihm sind gesellschaftliche Normen und Wertvorstellungenrepräsentiert, die - ähnlich wie im Wettkampf - das Handeln des/der Einzelnenregulieren. Nur durch die Fähigkeit zur Perspektiv<strong>über</strong>nahme und der damiteinhergehenden Selbstobjektivierung ist das Individuum in der Lage, <strong>sich</strong> <strong>selbst</strong>aus der Sicht der Außenwelt zu betrachten und die Angemessenheit eigenen Verhaltensggf. kritisch zu hinterfragen. Das ME ist zu verstehen <strong>als</strong> eine Art innereRKommentatorIn, der/die permanent <strong>über</strong>prüft, bewertet und reflektiert (vgl. Mead1968, S. 184ff.); es "bezeichnet meine Vorstellung von dem Bild, das der andere4546Mead (1986, S. 192) definiert "Rolle" <strong>als</strong> charakteristisches Verhaltensmuster. Berger &Luckmann (1969, S. 78ff.) differenzieren diesen Rollenbegriff aus, indem sie die typisiertenVerhaltensmuster in Beziehung zu Internalisierungs- und Institutionalisierungsprozessen setzen.Dabei wird sowohl das kognitive Entlastungspotenzial <strong>als</strong> auch die Verbindung von Rollen,Rollenwissen und institutioneller Repräsentation deutlich - Rollen fungieren hier nochdeutlicher <strong>als</strong> bei Mead <strong>als</strong> "Vermittler besonderer Ausschnitte des allgemeinen Wissensvorrates".(ebd., S. 81)Da die deutschen Übersetzungen der Mead'schen Terminologie - wahlweise 'Ich' und 'ICH'bzw. 'Ich' und 'Mich' - ungenau und verwirrend erscheinen, werden die englischen Begriffebeibehalten und es wird im Folgenden von I und ME gesprochen.

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