13.07.2015 Aufrufe

Sprechen über sich selbst als kontrastives Verfahren - Verlag für ...

Sprechen über sich selbst als kontrastives Verfahren - Verlag für ...

Sprechen über sich selbst als kontrastives Verfahren - Verlag für ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

116‚Stilisierung’ <strong>als</strong> Ableitung von ‚Stil’ macht es notwendig, zumindest kurz aufden Zusammenhang bzw. die Unterschiede zwischen beiden Konzepten einzugehen– auch wenn eine 'kurze' Beschreibung des <strong>über</strong>aus komplexen soziolinguistischenStilbegriffs eine „notoriously tricky matter“ ist (Georgakopoulou 2007b, S.393): Die Diskussion <strong>über</strong> eine Definition von Stil <strong>als</strong> interaktivem Phänomen istseit Mitte der 1980er Jahre in vollem Gang (z.B. Sandig 1986, Auer 1989 und2007, Selting 1995 und 1997, Sandig & Selting 1997, Keim & Schütte 2002). Fürdiese Arbeit soll es genügen, Stil im Sinne von Auer (1989) <strong>als</strong> kulturell <strong>über</strong>formteSprechweise zu definieren, <strong>für</strong> deren Verstehen und Interpretation bestimmte,kulturspezifische Wissensvorräte notwendig sind. Diese Art der Überformungmacht verschiedene Sprechweisen <strong>als</strong> Vertreter von Stilkategorien erkennbar– SprecherInnen können beurteilen und benennen, ob jemand beispielsweisein einem ‚höflichen Stil’ spricht, <strong>sich</strong> ‚gewählt’ ausdrückt oder <strong>sich</strong> eines‚saloppen’ Stils bedient. Die einzelnen Stile lassen <strong>sich</strong> analytisch beschreibendurch die Dekomposition ihrer Bestandteile. Dabei spielen vor allem prosodischeMerkmale eine Rolle, die ihrerseits Auswirkungen auf die lexiko-semantische undsyntaktische Ebene haben. Stilkomponenten können aber auch unabhängig vonprosodischer Beeinflussung auf Wort- und Satzebene verortet werden, treten aberin jedem Fall <strong>als</strong> holistische Merkm<strong>als</strong>bündel im Gestalt-Sinn auf (vgl. v.a. Selting1995 und 1997 sowie Auer 1989 <strong>für</strong> eine systematische Über<strong>sich</strong>t <strong>über</strong> Phänomeneder kulturellen Überformung auf allen genannten Ebenen).Stilisierung im Gegenzug fokussiert den performativen Aspekt der Äußerungsproduktion:„Stylization implies performance, putting on a show.“ (De Fina 2007,S. 76). Diese „show“ lässt <strong>sich</strong> grundsätzlich analytisch auf die gleiche Weisebeschreiben wie die Verwendung von Stilen – <strong>als</strong>o durch die Dekomposition einzelnerBestandteile, die auch hier <strong>als</strong> holistische Merkm<strong>als</strong>cluster auftreten - , hataber dar<strong>über</strong> hinaus einen stärkeren Fokus auf sozialer Typisierung. Die Wissensvorräte,die durch Stilisierung transportiert werden, beziehen <strong>sich</strong> nämlich vorallem auf die stereotype Darstellung von Personen <strong>als</strong> VertreterInnen bestimmtersozialer Gruppen, die <strong>als</strong> solche mit (subjektiv positiv oder negativ konnotierten)Eigenschaften und Merkmalen ausgestattet werden. 78An dieser Stelle findet <strong>sich</strong> ein erster Ansatzpunkt <strong>für</strong> die Etablierung von ALTER-EGO-Positionen: SprecherInnen stilisieren nicht nur andere Personen, sondernauch <strong>sich</strong> <strong>selbst</strong>. Dies kann innerhalb der <strong>selbst</strong>- oder fremdindizierten Redewiedergabegeschehen, kann aber auch unabhängig davon passieren. Dabei wird diegesamte Breite linguistischer Strukturen in den Dienst der narrativen Performancegestellt: So beschreiben Archakis & Papazachariou (2008) anhand von konversationellenErzählungen einer Gruppe junger Frauen, wie in direkter Rede Veränderungenin der Intensität systematisch eingesetzt werden, um einerseits Machtstrukturenzu kontextualisieren und andererseits Gruppenzugehörigkeit zu konstruieren.Keim (1997) konzentriert <strong>sich</strong> auf das stilisierende Potenzial von Phraseologismenund demonstriert, wie formelhaftes <strong>Sprechen</strong> innerhalb einer sozialenGruppe zur Bildung von Gruppenidentität einerseits und zur Abgrenzung vonNicht-Gruppenmitgliedern andererseits verwendet wird. Spiegel (1997) kon-78Stilistische Ressourcen können daher auch der Evozierung sozialer Kategorien dienen; vgl.dazu ausführlich Kap. 8.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!