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Sprechen über sich selbst als kontrastives Verfahren - Verlag für ...

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159stellt - woraus im Gegenzug eine implizite Selbstkategorisierung L1s <strong>als</strong> nonkonformistischgefolgert werden kann (s. dazu auch Kap. 9.3.3).Die Fremdkategorisierung der ReferendarInnen wird weiter ausgeführt, indem L1das Vorhandensein fAchliche[r] LEIdenschaften (Z. 1132) und mithin Individualitätzwar zugesteht, dieses Interesse aber nicht generell im Unterricht verortet,sondern nur dann, wenn fachliche Spezialgebiete auch Unterrichtsthema sind.Schulisches Handeln <strong>als</strong> prominentestes Attribut der ReferendarInnen wird ineinem zweiten Schritt verstärkt <strong>als</strong> fast schon opportun dargestellt. Dazu legt L1in Form einer fremdinszenierten Äußerung einem fiktiven Vertreter der Kategorieder ReferendarInnen die Worte Ich bIn (-) SO optimal wie mich die obrigkeitenha:ben wollen (Z. 1139f.) in den Mund und kommentiert diese fiktive Äußerung,die die von ihm unterstellte Einstellung der Referendarinnen zum Ausdruckbringt, sehr explizit mit ä das fInde Ich zum kOtzen. (Z. 1144). 95 Die Explizitheitdieser Meinungskundgabe wird noch verstärkt durch die nachgeschobene Erläuterung(Z. 1146f.), in der - ebenfalls sehr explizit - der umgangssprachliche Tonfallund die Verwendung des Kraftausdrucks bearbeitet werden. Beide Aspekte werdenso <strong>als</strong> intendiert und nicht etwa versehentlich ‚herausgerutscht’ markiert. DieErklärung <strong>für</strong> diese Einstellung folgt im nächsten Turn: Individualität und Originalitäthaben in L1s Augen durch das skizzierte benotungsorientierte Verhaltenkeine Chance, da die extern angelegten Maßstäbe <strong>sich</strong> auf nicht-individuelle, antrainierteVerhaltensweisen beziehen, die während der Ausbildung erworben werden.Hier wird der Mehrwert von L1s Selbstkategorisierung deutlich: Die Selbstkategorisierung<strong>als</strong> "kein Lehrer" und "keiner vom Fach" fungiert <strong>als</strong> Erklärungsmodell<strong>für</strong> beruflichen Erfolg, gerade weil die Abwesenheit einer klassischen Lehrerausbildungda<strong>für</strong> gesorgt hat, dass individuelle Verhaltensweisen bestehen blieben.Die zuvor erzählten Episoden vom Unterrichtsbesuch des Fachreferentenbzw. das offizielle Lob der VerteterInnen der Bezirksregierung erscheinen hier inneuem Licht, denn letztendlich liefern sie nicht nur die Bestätigung, dass L1 trotzfehlender einschlägiger Ausbildung und mit einem Unterrichtsstil, der den offiziellenAnforderungen nicht genügt, individuell erfolgreichen Unterricht veranstaltenkann, sondern bestätigen dar<strong>über</strong> hinaus das generelle Modell "Querschläger"in all seinen Facetten. Gutes Unterrichtshandeln ist in L1s Darstellungsweise <strong>als</strong>okeine Frage von Regelbefolgung im weitesten Sinn, sondern an dar<strong>über</strong> hinausgehendenFaktoren festzumachen. In diesem Sinne ist auch der geradezu programmatischwirkende Appell zu verstehen, den L1 in Z. 1158 <strong>selbst</strong>indiziert - Originalitätund schrUlligkeit (Z. 1163) werden hier <strong>als</strong> Erklärungsansätze genannt, die<strong>für</strong> Sympathien sorgen und deshalb guten Unterricht garantieren. 96 Die Zugehö-9596Interessant hierbei ist, dass die fremdindizierte, hypothetische Äußerung ausschließlich prosodischstilisiert wird; L1 verzichtet darauf, seine eigene Einstellung <strong>als</strong> "fremde Stimme"zum Ausdruck zu bringen (s. Kap. 7). Der Mehrwert der letztendlich gewählten Variantewird im weiteren Verlauf des Interviews deutlich, denn eine so explizite Meinungskundgabewie das fInde Ich zum kOtzen. wäre allein durch prosodische Inszenierung nicht realisierbargewesen.In der Konsequenz bedeutet dies, dass L1s Unterrichtsfähigkeiten nicht etwa angelernt sind(wie bei den nach Bestnoten strebenden ReferendarInnen), sondern gewissermaßen naturgegeben.Ein Unterricht, der <strong>als</strong>o nahezu unab<strong>sich</strong>tlich den erforderlichen Standards entspricht,

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