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Sprechen über sich selbst als kontrastives Verfahren - Verlag für ...

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212verändert <strong>sich</strong> mit der Reformulierung ab Z. 1218 das Subjekt der Erklärungen.L1 beschreibt zunächst noch in unpersönlicher Form, dass ZUneigung ein wesentlichesElement des Unterrichtens sei. Im darauf folgenden Turn wechselt ernochm<strong>als</strong> den Sprecherstandort: Die erneute Reformulierung einer solchen zugewandtenEinstellung den SchülerInnen gegen<strong>über</strong> erfolgt in der 1. Ps. Sg. (wenndie das gefühl haben (.) ich mAg die AUCH-, Z. 1221f.). Die Folgen dieser lehrerseitigenSympathie werden salopp formuliert und durch Lachen unterstrichen - dieSchülerInnen seien dann gahanz gUhuter stImmung (Z. 1224) und man könne inder Konsequenz auch wihIrklich viel mit denen mAchen (Z. 1225f.). Dieses "viel"wird anschließend erklärt: Auch im referenDARssinne schlechter Unterricht seidann möglich (Z. 1230), <strong>als</strong>o Unterricht, der nicht den weiter oben kritisiertenAnforderungen der Referendarsausbildung entspräche. Was <strong>sich</strong> wiederum hinterdiesen Anforderungen verbirgt, wird ebenfalls erklärt: Lange Einheiten anta::felvortrag (Z. 1233) inklusive schlechtem Tafelbild (Z. 1235) und nicht vollständigausgearbeitetem Konzept (Z. 1236ff.). Auch diese Ausführungen werdenin der 1. Ps. Sg. formuliert.Dies erlaubt eine doppelte Interpretation: Einerseits könnte L1 hier aus verallgemeinernderPerspektive sprechen 114 , andererseits könnte er tatsächlich aus seinemeigenen Berufsalltag berichten. Im Zusammenhang mit der eingangs geäußertenKritik an den Ausbildungsstandards und deren Konsequenzen auf das Verhaltender ReferendarInnen ist hier allerdings anzunehmen, dass es <strong>sich</strong> tatsächlich umeinen Erfahrungsbericht handelt. Für diese Interpretation spricht ebenfalls derFortgang von L1s Darstellung: Er beendet seine Ausführungen, indem er die Bewertung<strong>als</strong> is Alles nich schlImm (Z. 1241) wiederholt, und setzt anschließend zueinem erneuten Beispiel an, in dem er auf konkrete Situationen und Inhalte in seinemUnterricht verweist. Dieses Beispiel wird mit einer <strong>selbst</strong>indizierten Redewiedergabebegonnen und knüpft am Punkt des nicht komplett ausgearbeitetenStundenkonzeptes an (Z. 1243). In Form einer fiktiven Ansprache an die SchülerInnenschaftinszeniert L1 eine Unterrichtssituation, in der er die zu dreiviertelverstAnden[e] Idee (Z.1244) erst einmal nur referiert, ohne sie jedoch zu erklären(Z. 1246f). Als erneute Konkretisierung dieses speziellen Falls nennt er anschließendeinen konkreten Unterrichtsgegenstand (Z. 1248ff.), dessen intersubjektiveBewertung <strong>als</strong> ‚schwierig’ und ‚kompliziert’ mit dem Interviewer gemeinsamausgehandelt wird: Dieser reagiert mit einem leisen ohje (Z. 1251) auf den genanntenGegenstand und bewertet ihn damit <strong>als</strong> mindestens problematisch. DieserStatus <strong>als</strong> problematisch wird im Folgeturn von L1 aufgegriffen und bestätigt: ja::(.) das is:: (-) ziemlich:: (Z. 1252). Auch wenn die eigentliche Bestätigung nichtausformuliert wird, sondern eine Leerstelle entsteht 115 , so greift der Interviewer114115In der formalen Semantik wird die Möglichkeit eines systematisch ambigen ‚Ich’ diskutiert(vgl. z.B. Zobel 2011). Die Interviewdaten unterstützen diesen Punkt; eine solch ambiges‚Ich’ bietet gerade im Zusammenhang mit <strong>selbst</strong>bestätigenden Äußerungen den Vorteil, dasseine Interpretation <strong>als</strong> Selbstlob zugunsten einer Interpretation <strong>als</strong> allgemeines Beispiel zurückgewiesenwerden könnte.Vgl. Imo (2011) zur Ellipsen-Form der Aposiopese <strong>als</strong> gesprächsrhetorischer Ausdrucksform,mit der auf besondere Weise eine Reaktion des Gegen<strong>über</strong>s eingefordert werden kann.Die besondere Leistung der Aposiopesen besteht darin, dass z.B. Bewertungen nur angedeutetund nahegelegt werden, und dadurch <strong>als</strong> „in den Raum gestellte“ Angebote bearbeitbargemacht werden (vgl. ebd., S. 284).

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