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Sprechen über sich selbst als kontrastives Verfahren - Verlag für ...

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66von mir hat bzw. auf primitiver Stufe meine Verinnerlichung seiner Erwartungenan mich." (Joas 1989, S. 117). 47Das ME ist allerdings nicht der einzige Identitätsbestandteil. Um spontanes undinnovatives Verhalten erklären zu können, das jenseits gesellschaftlich vorgegebenerNormen angesiedelt ist, postuliert Mead das I: Einen subjektiven Persönlichkeitsbestandteil,der - darin lässt <strong>sich</strong> die Nähe zum Darwin'schen Gedankenan spontane Mutationen erkennen - das Element des Neuen, Spontanen im zunächsteinmal eigenen Verhalten erklärt. Das I stellt <strong>als</strong>o die eigene, subjektiveReaktion auf die normativ geprägten Einflüsse und Handlungsurteile des ME dar.Dieses Neue kann aber immer nur auf Grundlage von schon Bekanntem entstehen;die vorhandenen ME-Einflüsse geben innovativem Handeln erst die Basis.Die genuin menschliche Fähigkeit zu verzögerten Reaktionen stellt Mead zufolgegenau die Momente zur Verfügung, in denen Neues, Unberechenbares passierenkann; <strong>als</strong>o strukturelle Möglichkeiten <strong>für</strong> die Manifestation des I. Dort, wo <strong>sich</strong>im Mead'schen Sinne Intelligenz zeigt, ist auch das I verortet (vgl. auch Jörissen2000, S. 66, Fußnote 58).ME und I befinden <strong>sich</strong> in einem stetigen Austausch, der auf jeden Handlungsimpulsfolgt (Ausnahmen sind Routinehandeln oder solche Handlungen, in denenman derart aufgeht, dass man quasi alles um <strong>sich</strong> herum vergisst; vgl. Mead 1968,S. 207ff.). Düsing (1986, S. 64) vergleicht das I mit einem/einer internalisiertenGesprächspartnerIn <strong>für</strong> den im ME repräsentierten verallgemeinerten Anderen,deren permanenter Dialog auf einer Art inneren Bühne stattfindet. Wie ich in Kap.6.3.1 zeigen werde, kann in Erzählungen ein Ausschnitt dieser inneren Bühnepräsentiert werden - zwar in subjektiver, durch den Fluss der Ereignisse und durchindividuelle Erzählintentionen perspektivisch verzerrter Form, aber immerhin <strong>als</strong>Dokument vergangener Ereignisse, in denen die Entscheidungen und Handlungsmöglichkeitendes Selbst narrativ rekonstruiert werden.Im Moment des aktuellen Handelns kann das I nicht erfasst werden - dies gehtimmer nur rückblickend. Dann allerdings handelt es <strong>sich</strong> schon nicht mehr umdas I, denn dieses wird in der Retrospektive zum Objekt und damit zum Anteil amME:und:Wenn man <strong>als</strong>o fragt, wo das 'Ich' [<strong>als</strong>o das I, J.S.] in der eigenen Erfahrungdirekt auftritt, lautet die Antwort: <strong>als</strong> historische Figur. (ebd., S. 218)So findet man in der wiederhergestellten Identität des jeweils vergangenenAugenblicks sowohl ein Subjekt wie ein Objekt. Aber man stößt auf ein Subjekt,das jetzt zum Objekt der Betrachtungen geworden ist und von gleicherNatur ist wie die Identität <strong>als</strong> Objekt, wie wir sie uns im Verkehr mit Menschenunserer Umgebung vorstellen. (Mead 1980b, S. 241)Wenzel (1990, S. 81) illustriert die Flüchtigkeit des I sehr treffend mit dem Vergleich,man könne "<strong>sich</strong> sozusagen nicht schnell genug zurückwenden, um noch47Damit das Individuum in der Goffman'schen Interaktionsordnung <strong>als</strong>o weiß, wie es den jeweilsgewünschten Eindruck von <strong>sich</strong> <strong>selbst</strong> herstellen kann, um sein Face intersubjektiv verständlichzu konstruieren, muss es wissen, durch welche signifikanten Symbole es seinSelbstbild interpretierbar machen kann.

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