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Sprechen über sich selbst als kontrastives Verfahren - Verlag für ...

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194I am not suggesting, however, that speakers deploy third-party complimentsstrategically, specifically in order to do self-praise ‚by the back door’ so tospeak (they may do, but we will never know).Ich werde weiter unten aufzeigen, dass dies eine verkürzte Sichtweise solcher„third-party compliments“ ist – denn diese bieten in gesprächsrhetorischer Perspektiveaufgrund verschiedener struktureller Merkmale eine besonders guteMöglichkeit, <strong>sich</strong> <strong>selbst</strong> zu loben, und zwar ohne dass die Gefahr besteht, <strong>als</strong>‚Angeberin’ o.ä. bezeichnet zu werden. 1079.2.2 Selbstevaluation im Interview Bereits in Kap. 3.2.5 habe ich im Rückgriff auf Goffmans Überlegungen zur Interaktionsordnungdargestellt, dass die Interaktion in der Interviewsituation einigeBesonderheiten aufweist, die <strong>sich</strong> auch auf die konkrete Ausgestaltung des Face-Works der Beteiligten auswirken. Dies wird auch im Umgang mit Selbstbewertungendeutlich. Im Gegensatz zu den von Pomerantz, Golato oder Speer untersuchtenAlltagsgesprächen handelt es <strong>sich</strong> im Falle des Interviews um eine Situation,in der Face-Work deutlich stärker asymmetrisch ausgeprägt stattfindet –der/die InterviewerIn reduziert eigene Selbstdarstellungsaktivitäten und <strong>über</strong>lässtdie Bühne gleichsam dem Gegen<strong>über</strong>. Gleichzeitig verzichtet er/sie aber auchdarauf, explizit bestätigende Äußerungen in Bezug auf das Face des Gegen<strong>über</strong>szu machen. Initiale Komplimente sind <strong>als</strong>o im Interview weitaus weniger starkerwartbar <strong>als</strong> in Alltagsgesprächen, da bestätigende Sequenzen generell viel seltenervon dem/der InterviewerIn initiiert werden.Die Aufgabe der Interviewten erfordert dar<strong>über</strong> hinaus, aus der jeweils subjektivenExpertInnenperspektive <strong>über</strong> die eigene Lebenswelt zu berichten. Dazu werdensoziale Identitäten hergestellt und unter Zuhilfenahme der in den bisherigenKapiteln dargestellten <strong>Verfahren</strong> selektiv und sukzessiv mit Bedeutungen aufgeladen,so dass nach und nach ein Gesamtbild der Interviewten konstruiert wird,das dem/der InterviewerIn angeboten und vorgeführt wird. Damit ist auch verbunden,eigene Bewertungen des Selbst zu formulieren – was aber aufgrund desoben beschriebenen „avoidance of self-praise constraint“ eine schwierige Aufgabeist. Im Vergleich zu den alltäglichen Gesprächssituationen kann <strong>sich</strong> die interviewtePerson nicht darauf verlassen, dass sie den von ihr angebotenen Selbsteindruckim Wechselspiel mit den Reaktionen des/der InterviewerIn aushandeln undindividuelle Bedeutungen des Selbst en passant einfließen lassen kann. Im Gegen-107Auch negative Selbstbewertungen sind nicht ganz unproblematisch <strong>für</strong> die SprecherInnen.Dies wird an verschiedenen Äußerungsmerkmalen deutlich: So werden kritische Aussagen<strong>über</strong> die eigene Person durch Relativierungen, Lachen oder unmittelbar anschließendeSelbstbestätigungssequenzen relativiert bzw. die sprechende Person drückt so Distanzierungaus (vgl. z.B. das weiter unten diskutierte Bsp. 9.1). Ein Grund da<strong>für</strong> könnte sein, dass dieSprecherInnen ihr Gegen<strong>über</strong> nicht in die Lage bringen wollen, protektives Face-Work zu betreiben- eine allzu starke Selbstabwertung As könnte solche Face-wahrenden Handlungen Bsja durchaus provozieren. Eine solche Bearbeitung des vermeintlich ‚schlechten’ Selbstbildesvon A benötigt allerdings einen erhöhten Aufwand der Beteiligten, wieder in das eigentlicheGespräch zurückzulenken, so dass die oben skizzierten Relativierungs- und Distanzierungsverfahreneine Vorgehensweise darstellen, mit der der Fortgang eines Gesprächs ge<strong>sich</strong>ertwerden kann.

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