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Sprechen über sich selbst als kontrastives Verfahren - Verlag für ...

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69Rahmen der bereits in Kap. 3.2.4 diskutierten Konzeption eines semiotischenSelbst bei Goffman spricht Perinbanayagam demzufolge von „How to do self withthings“ und konstatiert:Things, it is obvious, do words, i.e., become elements of signifying acts andseek to elicit complementary responses from others as well as from the initiator.(ebd., S. 337)In diesem Verständnis bedeutet Selbst-Darstellung <strong>als</strong>o zu zeigen, <strong>als</strong> wer genaudas Individuum in einer bestimmten Situation verstanden werden will, welcheBedeutung die eigene Person <strong>als</strong>o situationsspezifisch subjektiv innehat. Wie <strong>sich</strong>in Teil B der Arbeit zeigen wird, besteht die Funktion von interaktiver, konversationellerSelbstdarstellung ebenfalls darin, die Interpretationen des Gegen<strong>über</strong>s inBezug auf die eigene Person in unterschiedlicher Weise zu beeinflussen bzw. aufeine ganz bestimmte Interpretation der eigenen Person zu fokussieren. Hierbeispielen sowohl interaktiv hervorgebrachte ALTER-Positionen eine Rolle, <strong>als</strong> auchunterschiedlich explizit vermittelte Bewertungen <strong>über</strong> das Selbst.Zeichensysteme, wie Perinbanayagam sie beschreibt, finden <strong>sich</strong> natürlich nichtnur im spirituell-religiösen Kontext. Das, was Goffman (2009) <strong>als</strong> „persönlicheFassade“ oder „Erscheinung“ (ebd., S. 25) bezeichnet, kann ebenfalls aus signifikantenSymbolen bestehen – nur durch die Verwendung eines intersubjektiv verständlichenZeichenapparates kann z.B. Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen symbolisiertwerden. Dies wird auch an Sacks Beobachtungen zu den „Hotrodders“ (s.Kap. 8) oder Bucholtz’ Analysen zu den „female nerds“ (s. Kap. 3.2) deutlich – inbeiden Fällen spielen neben sprachlichen Praktiken auch Aspekte des äußerenErscheinungsbildes oder Accessoires im weitesten Sinne eine Rolle. Da dieserArbeit ausschließlich Audiodaten zu Grunde liegen, ist <strong>für</strong> meine Zwecke die Fragenach der gegenständlichen symbolischen Repräsentation des Selbst durch z.B.„persönliche Fassade“ nicht relevant. Dass Symbolisierungen des Selbst allerdingsnicht ausschließlich solch gegenständlicher Natur sein müssen, wird ebenfallsim analytischen Teil der Arbeit deutlich. Dort wird gezeigt, dass auch genuinsprachliche Symbole den gleichen Zweck erfüllen, wenn z.B. durch die Verwendungbestimmter stilistischer <strong>Verfahren</strong> auf bestimmte soziale Typen verwiesenbzw. Facetten des Selbst stilistisch enaktiert werden (s. Kap. 7) oder aber durchden Verweis auf bestimmte Kategorien verschiedene Wissensbestände aktiviertwerden, zu denen <strong>sich</strong> die SprecherIn dann in Beziehung setzt (s. Kap. 8 und 9).Diese – im Wortsinn – sprachlichen Symbole sind dabei unterschiedliche <strong>Verfahren</strong>,mit denen auch vergangene Versionen des Selbst rekonstruiert werden können.Als solche werden sie objektiviert wiedergegeben in Form verschiedenerbiographischer Erzählungen.In diesem Zusammenhang aufschlussreich sind Meads Überlegungen zu der Frage,ob geschichtswissenschaftliche Rekonstruktionen von Ereignissen objektivsein können. Mead (1932/1980) argumentiert in „The Philosophy of the present“,dass ein „interpretationsfreier Zugriff“ (Joas 1985, S. 174) auf vergangene Ereignissenicht möglich sei, da diese niem<strong>als</strong> losgelöst von anderen Ereignissen rekonstruiertoder beschrieben werden können. Die Gegenwart hat somit immereinen Einfluss auf die Perspektive, mit der auf Vergangenes geschaut wird, da ausder gegenwärtigen Perspektive heraus Sinnzuschreibungen erfolgen. Dies hängt

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