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Sprechen über sich selbst als kontrastives Verfahren - Verlag für ...

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145Ressource stellt <strong>für</strong> sie der Vergleich mit einer weiteren Kategorie dar, die mit denNRA-Mitgliedern das zentrale kategoriengebundene Prädikat (nämlich den Besitzeiner Waffe) teilt - mit Kriminellen. Vor dem Hintergrund des gemeinsamen Waffenbesitzesarbeiten die SprecherInnen im Sinne eines Maximalkontrastes die Typizitätder eigenen Kategorie heraus. Ähnliches beobachtet Widdicombe (1998a):Die Aussage <strong>über</strong> Gruppenmitgliedschaft kann <strong>für</strong> die Konstruktion einer sozialenIdentität mindestens ebenso bedeutsam sein wie die Aussage <strong>über</strong> Nicht-Mitgliedschaft in bestimmten Gruppen (vgl. dazu auch die Beiträge in Androutsopoulos& Georgakopoulou 2003). Auch bei der interaktiven Konstruktion vonEthnizität (vgl. Hinnenkamp 1989) oder Gender spielt Typizität eine wichtigeRolle - Stokoe (2010) untersucht die Verhöre von Männern, denen Gewaltdeliktegegen<strong>über</strong> Frauen vorgeworfen wurden und konzentriert <strong>sich</strong> dabei auf solcheFälle, in denen der Vorwurf abgestritten wird. Die Beschuldigten argumentierengrößtenteils, nicht der "Typ" <strong>für</strong> die ihnen vorgeworfenen Taten zu sein und konstruierendazu eine hypothetische Gegenkategorie, <strong>für</strong> die gewalttätiges Verhaltenkategoriengebunden wäre ("category bound denial", vgl. ebd.).Auch im institutionellen Kontext spielen kategoriengebundene Wissensbeständeeine wesentliche Rolle: Psathas (1999) untersucht, wie die institutionell definiertenIdentitäten von SprecherInnen interaktiv hervorgebracht werden und betontdabei, dass bestimmte Orte schon im Vorfeld von eigentlichen Interaktionen einbestimmtes Kategorieninventar inferieren können (so ist z.B. <strong>für</strong> die Institution"Schule" das Kategorieninventar "LehrerIn", "SchülerIn", "ReferendarIn" usw.erwartbar, nicht aber die Kategorie "MedizinerIn"). Wie oben bereits angedeutet,trifft dies auch <strong>für</strong> das Interviewsetting bzw. die Einbettung des Interviews in dengrößeren Forschungskontext zu.Dausendschön-Gay & Drescher (1995, S. 86f.) beschreiben zwei Aufgaben, dievon den SprecherInnen bearbeitet werden: Die jeweils aktivierte Kategorie mussbenannt werden (dabei kommen unterschiedlich komplexe sprachliche Ressourcenzum Einsatz), und die entsprechende soziale Kategorie muss kontextualisiertwerden, damit den RezipientInnen das Verstehen erleichtert wird. Bei der Bearbeitungdieser Aufgaben kommen vor allem zwei <strong>Verfahren</strong> zum Einsatz: DasEtikettieren von Kategorien und das Evozieren. Beim Etikettieren wird die entsprechendeKategorienbezeichnung genannt (z.B. <strong>als</strong>o=ich=bin (.) studEnt?; vgl.L2, Z. 0051), beim Evozieren hingegen wird auf die mit der Kategorie verbundenenPrädikate verwiesen; der Kategorienname wird dabei nicht notwendigerweisegenannt (kann aber). Ein Beispiel <strong>für</strong> evozierte Kategorisierung mit Nennung derverbundenen Kategorie ist die Äußerung ich dEnke ich rEde zu viel? (-) wie diemEIsten lehrer? (vgl. L3, Z. 0410ff.). Evozieren geschieht häufig schrittweise:Die jeweils gewählten referentiellen Ausdrücke werden nach und nach zu einerKategorie verdichtet. Beim Benennen hingehen wird zuerst die Kategorie genanntund anschließend peu à peu mit Bedeutung angefüllt.In der analytischen Rekonstruktion der Interviews spielen diese <strong>Verfahren</strong> einewichtige Rolle, denn sie sind (u.a.) maßgeblich daran beteiligt, ALTER-EGO-Positionierungen zu etablieren und dadurch - im mehr oder weniger implizitenVergleich zwischen EGO und verschiedenen ALTER-Positionen - Selbstdarstellungzu ermöglichen. Ähnlich wie bei der Frage nach der Indizierung von Rede (s.Kap. 6) finden <strong>sich</strong> auch hier verschiedene Variationen von Etikettieren und Evo-

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