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Sprechen über sich selbst als kontrastives Verfahren - Verlag für ...

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201einem noch viel effizienteren <strong>Verfahren</strong> macht: Die SprecherInnen können nämlichsowohl eine Gefährdung ihres eigenen Face vermeiden <strong>als</strong> auch gleichzeitigauf verschiedenen Ebenen da<strong>für</strong> sorgen, dass die positive Beurteilung ihrer Selbst<strong>über</strong> möglichst viele Zweifel erhaben ist. Für diesen Umstand sprechen einigeBeobachtungen Speers, die ebenfalls auf die weiter oben diskutierten Beispielezutreffen: Sie berichtet, dass von keiner der untersuchten SprecherInnen und ihrenGegen<strong>über</strong>n ein Normverstoß nach einem vermittelten Selbstlob markiert wurde(vgl. ebd., S. 65). Dies interpretiert sie aber nicht <strong>als</strong> Zeichen da<strong>für</strong>, dass die interaktivenKonsequenzen <strong>für</strong> ProduzentInnen von vermitteltem Selbstlob nicht Facebedrohendsind und deswegen vermitteltes Selbstlob eine besonders ‚<strong>sich</strong>ere’ Methodeist, unsanktioniert Face-Work zu betreiben, sondern sieht diesen Umstand<strong>als</strong> Beweis da<strong>für</strong>, dass einzig die Objektivität des vermittelten Lobs nicht angezweifeltwerden kann. Auch die auffällig häufige sequentielle Platzierung <strong>als</strong> Nebensequenz(vgl. ebd.) wird nicht weiter auf ihre gesprächsrhetorische Bedeutungbefragt: Indem nämlich vermittelte Instanzen von Selbstlob <strong>als</strong> Nebensequenzangelegt werden, kann einerseits ihre umso mehr positiv <strong>selbst</strong>evaluierende Funktionverschleiert werden. Weiterhin bieten Nebensequenzen auch die Möglichkeit,narrativ zu Hauptsequenzen ausgebaut zu werden. Ich werde in Kap. 9.3.2 nochausführlicher erklären, warum die Einbettung von <strong>selbst</strong>evaluierenden Aktivitätenin narrative Strukturen verschiedene Vorteile in Bezug auf Selbstdarstellung mit<strong>sich</strong> bringt. Zuvor werde ich aber darstellen, wie <strong>sich</strong> die Relation zwischen EGOund evaluierendem ALTER auf die vermeintliche Objektivität von Lob auswirkt.9.3.1.1 Distanz zwischen EGO und der Evaluation durch ALTER Um zu verdeutlichen, wie die Distanz zwischen SprecherInnen und den von ihnennarrativ inszenierten ALTER-Positionen <strong>als</strong> <strong>Verfahren</strong> zur Verstärkung von positiverSelbstevaluation benutzt wird, soll ein kurzes Beispiel dienen. Angenommen,ich möchte im Gespräch klarstellen, dass ich mich <strong>für</strong> eine besonders gute Tennisspielerinhalte - welche bessere Objektivierungsinstanz <strong>für</strong> diese Behauptungkönnte es geben <strong>als</strong> einen Tennisprofi, den ich mit der Aussage "Sie ist eine ganzhervorragende Tennisspielerin!" zitieren kann? Wenn nun aber dieser hypothetischeTennisprofi meine Schwester ist, verliert ihr Lob an Bedeutung, denn <strong>als</strong>meine Schwester könnte sie ja durch familiäre Bande möglicherweise befangenund ihr Lob deswegen weniger objektiv sein. Sie wäre zwar eine Expertin, abereine in Bezug auf mich nicht neutrale Expertin. Ist nun aber der hypothetischeTennisprofi nicht mit mir verwandt, sondern nur eine entfernte Bekannte, mit dermich im Extremfall vielleicht sogar eine tief verwurzelte, wechselseitige Antipathieverbindet, dann hat meine Wiedergabe einer lobenden Aussage <strong>über</strong> meineSportkünste eine deutlich stärkere Aussagekraft: Die Begründung meiner Fähigkeiten<strong>als</strong> Tennisspielerin würde einzig und allein ihrer fachlichen Expertise entspringenund nicht durch eventuelle persönliche Beziehungen verfälscht werden.Die Distanz zwischen EGO und ALTER wird auch in den Äußerungen, die vermitteltesSelbstlob enthalten, <strong>als</strong> möglichst groß dargestellt - es wird <strong>als</strong>o dargestellt,dass die lobende ALTER-Instanz möglichst neutral und unbefangen in Bezug aufeinE SprecherIn ist. Die Auswahl des beurteilenden ALTERS geschieht dabei inAbhängigkeit von der zu beurteilenden Eigenschaft der SprecherInnen. Wie genaudies geschieht, sollen die folgenden Interviewsequenzen zeigen.

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