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Sprechen über sich selbst als kontrastives Verfahren - Verlag für ...

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50Hierbei wird deutlich, dass es <strong>sich</strong> bei dem jeweils gezeigten Verhalten um verschiedene<strong>Verfahren</strong> handelt, mit denen die in Kap. 2.6 beschriebenen "mittlerenTranszendenzen" bearbeitet werden:Aber auch, wo durch ungünstige Umstände <strong>selbst</strong> dieser minimale Austauschverhindert wird, kann <strong>sich</strong> der Missetäter dennoch genötigt fühlen, durch einedeutliche Geste <strong>für</strong> jeden, der bereit ist, sie wahrzunehmen, den Charakterund die Legitimität dessen deutlich zu machen, was er tut. Er externalisiertseine innersten Empfindungen. Er vollzieht eine seine Situation betreffendeKundgabe, er gibt eine körperliche Definition seiner Situation, er macht eineGeste in die Runde. (ebd., S. 177; Hervorh. J.S.)Die korrektive Handlung <strong>selbst</strong> hat <strong>als</strong>o Transformationscharakter: Sie stellt dieexpressive Ordnung wieder her (sofern sie <strong>über</strong>haupt beschädigt war), indem sieeine Umdeutung des auslösenden Zwischenfalls ermöglicht und alle Beteiligten<strong>sich</strong> somit wechselseitig erkennbar darstellen können, dass keine Face-verletzendeIntention hinter dem betreffenden Verhalten gesteckt hat. Damit hat sie in MeadsTerminologie den Stellenwert eines signifikanten Symbols – das verursachendeIndividuum zeigt retrospektiv an, dass es <strong>sich</strong> unpassend verhalten hat und bedient<strong>sich</strong> dabei eines intersubjektiv interpretierbaren Zeichensatzes. Der gesamtekorrektive Prozess ist allerdings erst dann abgeschlossen, wenn das potenziell inseinem Face verletzte Gegen<strong>über</strong> die Ausgleichshandlung <strong>als</strong> solche anerkannthat. Auch hier verweist Goffman auf im Alltagshandeln <strong>als</strong> Routinen vorliegendeVerhaltensweisen wie z.B. Entschuldigungen. Der korrektive Prozess vereint <strong>als</strong>oAspekte sowohl positiver <strong>als</strong> auch negativer Rituale in <strong>sich</strong>: Insofern <strong>als</strong> durch dieAusgleichshandlung Ehrerbietung erzeugt wird, handelt es <strong>sich</strong> um ein positivesRitual. Gleichzeitig wird aber auch zu erkennen gegeben, dass 'eigentlich' - wenndie potenziell Face-verletzende Handlung nicht schon geschehen wäre - Vermeidungsverhaltenangemessen gewesen wäre; insofern finden <strong>sich</strong> indirekt auchAspekte von negativen Ritualen.Der bestätigende Austausch <strong>als</strong> positives Ritual schließlich umfasst die obenschon erwähnten rituellen Klammern von Begegnungen, hat dar<strong>über</strong> hinaus abervor allem die Funktion, bestehende Beziehungen zwischen Personen anzuerkennenund aufrechtzuerhalten (vgl. dazu auch Holly 1979). Face-Work spielt hiereine Rolle, da <strong>sich</strong> bestätigende Interaktionen auf die jeweiligen Präsentationendes Selbst beziehen – durch bestätigende Verhaltensweisen signalisieren die InteraktantInneneinander <strong>als</strong>o, dass sie <strong>sich</strong> gegenseitig gestatten, die <strong>für</strong> eine Interaktionjeweils gewählte Verhaltensweise durchzuführen, den stillschweigend vorausgesetztenArbeitskonsensus zur wechselseitigen Face-Wahrung <strong>als</strong>o anerkennen(zum bestätigenden Austausch vgl. Goffman 1974/1982, S. 97ff.).3.2.4 Das Selbst <strong>als</strong> Zeichen Auch wenn bei der bisherigen Darstellung vor allem auf die taktische Verwendungund Instrumentalisierung verschiedener Zeichen fokussiert wurde, soll davonabgesehen werden, das Goffman'sche Selbst <strong>als</strong> rück<strong>sich</strong>tsloseN SchauspielerInzu betrachten, dessen/deren einziges Ziel in der Täuschung der jeweiligen Gegen<strong>über</strong>besteht. Diese Auffassung wird vor allem innerhalb der Theorie des "ImpressionManagement" vertreten (z.B. Battershill 1990, MacIntyre 2000, Schlenker& Pontari 2000 oder aber die VertreterInnen der diskurspsychologischen Posi-

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