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Sprechen über sich selbst als kontrastives Verfahren - Verlag für ...

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144Einen zentralen Platz nimmt dabei Jayyusi (1984) ein, die aufzeigt, dass mit Kategorisierung<strong>als</strong> sozialer Praxis immer auch die individuellen normativen Zuschreibungenund Bewertungen der SprecherInnen verbunden sind:One must remember here that members do not routinely use categoryconceptsas mere labels, but as methods for organizing their knowledge, belief,perceptions, tasks, moral relationships, etc. Hence their use of them is anessentially serious use [...]. (ebd., S. 136)Dies wird unter anderem am oben genannten Baby-Mommy-Beispiel deutlich:Die Mutter nimmt das Baby nicht nur auf den Arm, weil es schreit; sie ist moralischdazu verpflichtet, dies zu tun, da sie sonst von Dritten <strong>als</strong> schlechte oder zumindestmöglicherweise nicht <strong>für</strong>sorgliche Mutter verurteilt werden könnte. Dieenge kausale Verknüpfung zwischen erwartbaren und deswegen typischen 92Handlungen, KategorienvertreterInnen und der Beziehung zwischen ihnen erlaubtes, individuelle Vorstellungen von 'abweichendem Verhalten' (im Sinne von 'einernormativen Erwartungshaltung nicht entsprechendes Verhalten') darzustellen.Auch dieser Umstand wird <strong>für</strong> die Analysen eine wichtige Rolle spielen, denn diedrei Interviewten bearbeiten fast durchgehend normativ beeinflusste Aspekte, diemit ihrer individuellen Interpretation der Kategorie "LehrerIn" verbunden sind.Für die interaktive Herstellung sozialer Identitäten ist diese moralisch-normativeKomponente von Kategorisierungsaktivitäten eine wesentliche Größe. Die Beiträgein Antaki & Widdicombe (Hgg.) (1998) zeigen, dass der Verweis auf kategorienimmanentesWissen eine wertvolle Ressource <strong>für</strong> die SprecherInnen ist, diesie heranziehen, um <strong>sich</strong> <strong>selbst</strong> interaktiv zu verorten und zu konturieren. Kategorisierungerscheint hier <strong>als</strong> interaktives Handeln, mit dem sowohl in Bezug auf<strong>sich</strong> <strong>selbst</strong> <strong>als</strong> auch auf andere Personen unterschiedliche, in subjektiver Weisemoralisch geladene Zuschreibungen getätigt werden können. Diese Zuschreibungenbewegen <strong>sich</strong> meistens im Spannungsfeld zwischen <strong>als</strong> allgemein bekanntund stereotyp vorausgesetzten Wissensbeständen und der individuellen Interpretationdieses Wissens:So the way in which ‚identity’ categories work [...], is that by selecting onerather than another, speakers can perform and manage various kinds of interactionallysensitive business, including their motives and reasons for doingthings and saying things. (Edwards 1998, S. 19)Hier wird erneut der enge Zusammenhang zwischen Kategorisierung einerseitsund Positionierung andererseits deutlich: Die SprecherInnen müssen, um <strong>sich</strong><strong>selbst</strong> <strong>als</strong> Mitglied bestimmter Kategorien darzustellen, deutlich machen, wo genausie <strong>sich</strong> innerhalb einer jeweils <strong>selbst</strong>gewählten Kategorie verortet sehen undwodurch <strong>sich</strong> ihr individueller Standpunkt auszeichnet. So beschreiben McKinley& Dunnett (1998) anhand von Radiointerviews mit Mitgliedern der National RifleOrganisation of Amerika (NRA), wie <strong>sich</strong> WaffenbesitzerInnen <strong>als</strong> verantwortungsbewussteund vor allem ungefährliche Personen darstellen. Eine wesentliche92Die Frage, inwieweit kategoriengebundene Handlungen oder auch Kategorienvertreter <strong>als</strong>mehr oder weniger "typisch" betrachtet werden können, ist Grundlage <strong>für</strong> die Überlegungen,wie <strong>sich</strong> ein kategorienanalytischer Ansatz mit den Grundlagen der Prototypentheorie verbindenlässt (Dausendschön-Gay & Oberzaucher, in Vorb.)

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