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Die Osterweiterung und die Regionalpolitik der EU - RWTH Aachen ...

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1.1 Gr<strong>und</strong>lagen des irischen Handels<br />

101<br />

In Irland bestand bis 1932 das System des Freihandels. Unter dem Einfluß <strong>der</strong> erstmals in den<br />

Wahlen zum Dáil, dem irischen Parlament, siegreichen Partei Fianna Fáil begann danach eine<br />

lange Periode des Protektionismus. In <strong>die</strong>ser Zeit versuchte <strong>die</strong> Regierung in Ergänzung zur<br />

politischen Unabhängigkeit auch wirtschaftliche Autarkie zu erreichen, um sich insbeson<strong>der</strong>e<br />

vom alten Wi<strong>der</strong>sacher England zu lösen <strong>und</strong> als völlig gleichberechtigter Partner in <strong>der</strong> Welt<br />

auftreten zu können. <strong>Die</strong> Verfolgung <strong>die</strong>ses Ziels schloß den Verzicht auf ausländische<br />

Investoren bewußt mit ein, was zur Folge hatte, daß sich <strong>die</strong> wirtschaftliche<br />

Wettbewerbsfähigkeit des Landes stetig verringerte <strong>und</strong> nur <strong>die</strong> ausgeprägte, heterogene <strong>und</strong><br />

kleinbäuerlich geprägte Landwirtschaft für <strong>die</strong> meisten Bewohner als Haupterwerbsquelle<br />

blieb. Paradoxerweise wurde sogar zugelassen, daß irisches Kapital ins Ausland abfließen<br />

konnte, während durch <strong>die</strong> Gesetzgebung ausländisches Kapital in Irland nicht willkommen<br />

war. 256<br />

Bis etwa zum Jahr 1950 war <strong>der</strong> Unterschied zwischen den übrigen Län<strong>der</strong>n Westeuropas <strong>und</strong><br />

Irland in <strong>der</strong> wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht sehr ausgeprägt, da <strong>die</strong> meisten Staaten<br />

Westeuropas zu <strong>die</strong>sem Zeitpunkt vor allem <strong>die</strong> Kriegsfolgen zu bekämpfen hatten. Danach<br />

wuchs <strong>der</strong> Abstand aber von Jahr zu Jahr an. Irland erhielt ebenso wie an<strong>der</strong>e europäische<br />

Staaten Unterstützung aus dem Marshall-Plan, wobei <strong>die</strong>se Gel<strong>der</strong> vor allem für den Ausbau<br />

<strong>der</strong> Energiewirtschaft <strong>und</strong> <strong>die</strong> Rohstofferschließung verwendet wurden. Eine<br />

Wachstumsför<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Industriebetriebe, <strong>die</strong> nur geringes technisches Niveau, wenig<br />

Kapital <strong>und</strong> gering qualifizierte Arbeitskräfte besaßen, wurde seinerzeit nicht in<br />

ausreichendem Maße angestoßen. <strong>Die</strong> nationalistische Zoll- <strong>und</strong> Industriepolitik trug mit ihrer<br />

ausschließlichen Begünstigung des Aufbaus von kleinen, nur auf den engen irischen<br />

Binnenmarkt ausgerichteten Unternehmen dazu bei, daß <strong>die</strong> irische Wirtschaft den Anschluß<br />

an <strong>die</strong> europäische Konkurrenz verloren hatte. So waren im Jahr 1961 noch immer 36 % <strong>der</strong><br />

Bevölkerung in <strong>der</strong> Landwirtschaft tätig, <strong>und</strong> <strong>der</strong> Wert <strong>der</strong> exportierten Industrieprodukte<br />

betrug beispielsweise im Jahr 1958 nur ein Viertel <strong>der</strong> landwirtschaftlichen Erzeugnisse.<br />

Bereits zu <strong>die</strong>ser Zeit existierte ein erhebliches Gefälle in Bezug auf <strong>die</strong> Industrialisierung <strong>und</strong><br />

den Wohlstand zwischen den verschiedenen Landesteilen (ärmerer Nordwesten, reicherer<br />

Südosten), wobei beson<strong>der</strong>s Dublin als industrielles <strong>und</strong> urbanes Zentrum hervorragte. 257<br />

<strong>Die</strong> Konsequenzen <strong>der</strong> entwicklungsfeindlichen Politik trug <strong>die</strong> Bevölkerung durch<br />

zunehmende Verarmung, <strong>die</strong> sich nicht zuletzt bis in <strong>die</strong> 60er Jahre hinein in einer hohen<br />

Auswan<strong>der</strong>ungsrate ausdrückte.<br />

256 Vgl. Murphy, A. E.: The ”Celtic Tiger” - An Analysis of Ireland´s Economic Growth Performance, San Domenico 2000, S. 8.<br />

257 Vgl. Müller, M.: Regionalentwicklung Irlands: Historische Prozesse, Wirtschaftskultur <strong>und</strong> <strong>EU</strong>-För<strong>der</strong>politik, Stuttgart 1999, S. 126 ff.

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