Die Osterweiterung und die Regionalpolitik der EU - RWTH Aachen ...
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MOE-Staaten zum Euro-Raum warnen <strong>und</strong> sogar <strong>die</strong> Aufstellung zusätzlicher<br />
Aufnahmebedingungen for<strong>der</strong>n. 171<br />
Da zwischen den MOE-Staaten <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>EU</strong> <strong>die</strong> Unterschiede im Niveau <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />
Entwicklung mittelfristig groß bleiben werden (Setzt man realistische Wachstumsraten<br />
voraus, wird es nach Berechnungen <strong>der</strong> Dresdner Bank noch 20 Jahre dauern, bis <strong>die</strong> meisten<br />
Kandidatenlän<strong>der</strong> auch nur 50 % des durchschnittlichen <strong>EU</strong>-Standards erreicht haben.) 172 ,<br />
erscheint ein Zutritt <strong>der</strong> MOE-Län<strong>der</strong> zu einer Kerngruppe <strong>der</strong> <strong>EU</strong> in absehbarer Zeit nicht<br />
wahrscheinlich. <strong>Die</strong>se Aussicht bringt es mit sich, daß <strong>die</strong> Intensivierung <strong>der</strong><br />
protektionistischen Annahmen <strong>und</strong> eine mögliche Politisierung <strong>der</strong> Wirtschaft auf<br />
europäischer Ebene nicht auszuschließen sind, <strong>die</strong> zur Abschwächung <strong>der</strong> supranationalen<br />
Ebene sowie zur Eingrenzung <strong>der</strong> transnationalen Netzwerke führen könnte. 173 Eine solche<br />
Situation würde wie<strong>der</strong>um <strong>die</strong> wirtschaftliche <strong>und</strong> gesellschaftliche Anpassung <strong>der</strong> MOE-<br />
Staaten behin<strong>der</strong>n.<br />
Dennoch muß man <strong>die</strong> wohl unausweichliche Entwicklung Europas auf dem Wege <strong>der</strong><br />
differenzierten Integration zu den wahrscheinlichen Szenarien zählen. Wenn es im Zuge <strong>der</strong><br />
<strong>Osterweiterung</strong> nicht gelingen wird, <strong>die</strong> politischen Ziele <strong>der</strong> Union durchzusetzen, bestünde<br />
<strong>die</strong> einzige Chance einer Stärkung des Zusammenhalts <strong>der</strong> <strong>EU</strong> darin, daß <strong>die</strong> dazu fähigen<br />
Staaten das Integrationsprojekt auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> in Nizza erleichterten verstärkten<br />
Zusammenarbeit voranbringen. Eine Gruppe von Staaten müßte dazu jeweils <strong>die</strong><br />
Wirtschaftsunion, <strong>die</strong> Union <strong>der</strong> inneren Sicherheit <strong>und</strong> <strong>die</strong> Verteidigungsunion bilden <strong>und</strong><br />
könnte auf <strong>die</strong>se Weise das Konzept einer Europäischen Fö<strong>der</strong>ation aufrechterhalten. 174<br />
Voraussetzung für einen solchen Weg ist aber, daß <strong>die</strong> genannten Vertiefungsschritte durch<br />
<strong>die</strong> weitgehend gleiche Gruppe von Avantgarde-Staaten vollzogen werden <strong>und</strong> sich <strong>die</strong><br />
an<strong>der</strong>en Mitgliedstaaten nach <strong>und</strong> nach anschließen.<br />
Es muß auch in Betracht gezogen werden, daß bei einem Szenario mit einer schnellen<br />
Erweiterung ohne entsprechende Vertiefung ein “l´Europe à la carte” entstehen kann. Damit<br />
könnte eine Reduzierung <strong>der</strong> <strong>EU</strong> zu einem reinen Binnenmarkt einhergehen, was letztlich<br />
nicht wünschenswert ist. Zu den negativen Folgen würde auch <strong>der</strong> voraussichtliche Verlust<br />
des politischen Magnetismus <strong>und</strong> seiner ordnungsstiftenden Wirkung in den MOE-Län<strong>der</strong>n<br />
zählen. Eine solche Konstellation könnte <strong>die</strong> kleinen <strong>und</strong> mittleren Staaten nicht nur in Mittel<strong>und</strong><br />
Osteuropa, son<strong>der</strong>n auch im alten Westeuropa deutlich marginalisieren <strong>und</strong> potentiell<br />
171 <strong>Die</strong> B<strong>und</strong>esbank for<strong>der</strong>te im Dezember 2000 Zusatzkriterien für <strong>die</strong> Beitrittskandidaten, wie z.B. das Pro-Kopf-Einkommen, den<br />
Privatisierungsgrad, <strong>die</strong> Preispolitik <strong>und</strong> einen stabilen Bankensektor. Vgl. Reiermann, Ch.: Aktive Beratung, in: Der Spiegel, Nr. 49,<br />
4.12.2000, S. 132.<br />
172 Vgl. o.V.: Hohe Kosten durch <strong>EU</strong>-<strong>Osterweiterung</strong>, in: Financial Times Deutschland, 3.5.2001, in: www.ftd.de/pw/eu/ftdpb5rbamcs.html.<br />
173 Vgl. Karolewski, I. P.: <strong>Die</strong> künftige Gestalt Europas: Funktionalismus o<strong>der</strong> Fö<strong>der</strong>alismus? Am Beispiel <strong>der</strong> <strong>Osterweiterung</strong> <strong>der</strong><br />
Europäischen Union, Münster, 2000, S. 359.<br />
174 Vgl. Weidenfeld, W., Janning, J.: Jenseits <strong>der</strong> alten Grenzen, in: FAZ, Nr. 17, 20.01.2001, S. 8.