Die Osterweiterung und die Regionalpolitik der EU - RWTH Aachen ...
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Erschwerend kamen <strong>die</strong> enorme Staatsverschuldung, zu stark angestiegene Sozialleistungen,<br />
ein leistungshemmendes Steuersystem <strong>und</strong> - gemessen an <strong>der</strong> geringen Leistungsfähigkeit -<br />
ein auf zu hohem Niveau liegendes Lohnsystem hinzu. Eine Reformierung <strong>die</strong>ser Zustände<br />
war in <strong>der</strong> Vergangenheit immer daran gescheitert, daß <strong>der</strong> Aufbau neuer Systeme den<br />
Verlust <strong>der</strong> vertrauten Sicherheit mit sich gebracht hätte <strong>und</strong> daher auf Ablehnung stieß. <strong>Die</strong>se<br />
Faktoren zusammengenommen führten dazu, daß Irland in den 20 Jahren zuvor den Anschluß<br />
an <strong>die</strong> europäische Entwicklung verloren hatte.<br />
<strong>Die</strong> Voraussetzungen für eine rasche Verbesserung schienen daher nicht beson<strong>der</strong>s günstig zu<br />
sein. <strong>Die</strong> Neuausrichtung <strong>der</strong> Politik <strong>und</strong> das stärkere Augenmerk <strong>der</strong> <strong>EU</strong> für <strong>die</strong> Entwicklung<br />
<strong>der</strong> schwächeren Län<strong>der</strong> (seit <strong>der</strong> EEA) schufen aber zusammen <strong>die</strong> Möglichkeit, daß für<br />
Irland mittlerweile <strong>der</strong> Begriff “Keltischer Tiger” als Synonym für Aufschwung <strong>und</strong><br />
Prosperität allgemeine Verwendung findet.<br />
Der radikale Kurswechsel Ende <strong>der</strong> 80er Jahre ließ Irland zu einem Musterknaben bezüglich<br />
Integrationswilligkeit <strong>und</strong> -fähigkeit werden. Das Land entwickelte in <strong>der</strong> Folge eine enorme<br />
Betriebsamkeit, wenn es um Kontakte zwischen den Ministerien <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-Kommission<br />
ging. Gleichzeitig richtet sich seither <strong>die</strong> gesamte irische Wirtschaftspolitik daran aus, in<br />
möglichst großem Umfang europagerecht zu agieren <strong>und</strong> künftige Entwicklungen in Europa<br />
frühzeitig in <strong>die</strong> eigene Politik einfließen zu lassen. Sowohl <strong>die</strong> irische als auch <strong>die</strong><br />
europäische Seite zeigten sich mit dem System frühzeitiger Abstimmung <strong>der</strong> Politik bis<br />
hinunter auf <strong>die</strong> Ebene einzelner Abteilungen <strong>der</strong> irischen Ministerien zufrieden. Es hat sich<br />
nahezu ein Wettbewerb zwischen den politischen Akteuren ergeben, wie man am besten den<br />
europapolitischen Anfor<strong>der</strong>ungen gerecht werden kann. Das liegt sicher einerseits daran, daß<br />
sich für <strong>die</strong> Iren mit <strong>die</strong>ser Politik ein noch nie gekannter Aufschwung verbindet, von dem<br />
inzwischen fast je<strong>der</strong> erfaßt worden ist (obwohl <strong>der</strong> Sozialstaat nur langsam ausgebaut wird),<br />
an<strong>der</strong>erseits ist <strong>die</strong> Integration dem Volk bisher vor allem als Wirtschaftsintegration<br />
geschil<strong>der</strong>t worden, <strong>und</strong> <strong>die</strong> politische Klasse Irlands hat <strong>die</strong> tiefergehenden Probleme um <strong>die</strong><br />
politische Integration in <strong>der</strong> Öffentlichkeit noch nicht wirklich angefaßt. 273<br />
Mit zunehmen<strong>der</strong> wirtschaftlicher Prosperität stieg <strong>der</strong> Anteil an Zustimmung zur<br />
Europapolitik in <strong>der</strong> Bevölkerung bis auf 85 % (1998) an, wie durch Eurobarometer-<br />
Umfragen bestätigt wurde. <strong>Die</strong>s ist weit mehr Zustimmung als in jedem an<strong>der</strong>en Land <strong>der</strong><br />
<strong>EU</strong>. 274<br />
273 Vgl. McLoughlin, E.: Irland, in: Weidenfeld, W. (Hrsg.): Europa-Handbuch, S. 139-151, S. 145 f. <strong>und</strong> Driever, K., a.a.O., S. 125.<br />
274 Vgl. Keatinge, P., Laffan, B., a.a.O., S. 341.