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Die Osterweiterung und die Regionalpolitik der EU - RWTH Aachen ...

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171<br />

Ostdeutschland abwan<strong>der</strong>n wollten (was außerdem zumindest vorübergehend geringere<br />

Löhne bedeutet hätte). 416<br />

Seitens <strong>der</strong> ostdeutschen Arbeitnehmer bestand natürlicherweise <strong>die</strong> Erwartung, daß in<br />

möglichst kurzer Zeit große Lohnsprünge bis zur Angleichung an den Westtarif stattfinden.<br />

Es bestand aber auch seitens <strong>der</strong> westdeutschen Gewerkschaften, <strong>die</strong> de facto “das Sagen” im<br />

Osten übernommen hatten, kein Interesse an einer mo<strong>der</strong>aten <strong>und</strong> produktivitätsorientierten<br />

Lohnpolitik zugunsten des Erhalts möglichst vieler Arbeitsplätze.<br />

Wie sah es bei den Arbeitgebern aus? Natürlich hätten es niedrige Lohnkosten für<br />

westdeutsche Unternehmer interessant gemacht, in den neuen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n zu investieren.<br />

Wenn aber <strong>die</strong> Kapazitäten im Westen ausreichten, den Markt in Ostdeutschland auch ohne<br />

zusätzliche Investitionen zu versorgen <strong>und</strong> <strong>der</strong> nächste große Markterschließungsschritt noch<br />

nicht auf <strong>der</strong> Tagesordnung stand, schien <strong>die</strong> höhere Kapazitätsauslastung im Westen<br />

attraktiver zu sein als <strong>die</strong> zusätzliche Kapazitätserweiterung im Osten. Da <strong>die</strong>se Denkweise<br />

vorherrschte, wurde <strong>der</strong> Aufbau einer einfachen Vertriebsrepräsentanz in den neuen Län<strong>der</strong>n<br />

vielfach als <strong>der</strong> lukrativere Weg für <strong>die</strong> Geschäftsentwicklung angesehen.<br />

Bei den westdeutschen Arbeitgebern kann man bezüglich <strong>der</strong> ostdeutschen Tariflöhne daher<br />

folgende Gr<strong>und</strong>haltung zusammenfassen:<br />

• Wenn keine Investition in den neuen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n erfolgt war, bestand auch nicht <strong>die</strong><br />

Gefahr, daß sich <strong>der</strong> Substanzwert des Engagements durch hohe Lohnzuwächse verringern<br />

könnte; das rasch angewachsene Lohnkostenniveau machte eine Investition bereits nach<br />

kurzer Zeit nicht mehr erfor<strong>der</strong>lich.<br />

• <strong>Die</strong> großen Firmen aus dem Westen, <strong>die</strong> sich engagiert hatten, betrieben vorwiegend<br />

hochproduktive <strong>und</strong> wenig arbeitsintensive Anlagen, für <strong>die</strong> <strong>die</strong> Frage <strong>der</strong> Lohnkosten<br />

sek<strong>und</strong>är war.<br />

• Der Gefahr zusätzlicher Konkurrenz durch ausländische Investitionen in Ostdeutschland<br />

konnte man am besten dadurch begegnen, daß <strong>die</strong> Bedingungen für solche Investitionen<br />

möglichst unattraktiv gestaltet wurden; hohe Lohnkosten, <strong>die</strong> <strong>der</strong> Produktivität nicht<br />

entsprechen, sind dafür zweifellos ein geeignetes Mittel. 417<br />

<strong>Die</strong> entstandenen Interessenkonflikte führten dazu, daß keiner <strong>der</strong> Partner <strong>die</strong><br />

Tarifverhandlungen zu Beginn <strong>der</strong> neunziger Jahre mit Blick auf <strong>die</strong> langfristigen,<br />

416 Vgl. Mummert, U., Wohlgemuth, M.: Ordnungsökonomische Aspekte <strong>der</strong> Transformation <strong>und</strong> wirtschaftlichen Entwicklung<br />

Ostdeutschlands, in: Mummert, U., Wohlgemuth, M. (Hrsg.): Aufschwung Ost im Reformstau West, Baden-Baden 1998, S. 15-39, S.<br />

30.<br />

417 Vgl. Wagner, U.: Von <strong>der</strong> Arbeitskräftebilanzierung zur Tarifautonomie - <strong>der</strong> Weg <strong>der</strong> neuen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong> in <strong>die</strong> Arbeitslosigkeit, in:<br />

Gutmann, G., Wagner, U. (Hrsg.): Ökonomische Erfolge <strong>und</strong> Mißerfolge <strong>der</strong> deutschen Vereinigung - eine Zwischenbilanz, Stuttgart,<br />

Jena, New York 1994, S. 185-210, S. 192 f.

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