Die Osterweiterung und die Regionalpolitik der EU - RWTH Aachen ...
Die Osterweiterung und die Regionalpolitik der EU - RWTH Aachen ...
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Unter <strong>die</strong>sen Prämissen lassen sich <strong>die</strong> in <strong>der</strong> Wissenschaft bislang formulierten Vorschläge<br />
zur Reform <strong>der</strong> Regional- bzw. Kohäsionspolitik grob in zwei Gruppen einteilen: <strong>Die</strong> eine<br />
Gruppe plä<strong>die</strong>rt für <strong>die</strong> Idee, <strong>die</strong> jetzige zentralgesteuerte programmgeb<strong>und</strong>ene För<strong>der</strong>ung<br />
durch einen zweckgeb<strong>und</strong>enen598 o<strong>der</strong> ungeb<strong>und</strong>enen599 Finanzausgleich zugunsten <strong>der</strong><br />
ärmeren Mitgliedstaaten o<strong>der</strong> Regionen zu ersetzen. <strong>Die</strong> zweite Gruppe (dazu gehören auch<br />
<strong>die</strong> Vorschläge <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-Kommission) geht vom Status quo aus <strong>und</strong> schlägt mehr o<strong>der</strong> weniger<br />
durchgreifende Detailän<strong>der</strong>ungen vor. 600 Einer <strong>der</strong> wichtigsten Ansätze <strong>die</strong>ser Gruppe<br />
verlagert <strong>die</strong> För<strong>der</strong>ung nach dem Subsidiaritätsprinzip auf <strong>die</strong> Ebene <strong>der</strong> Mitgliedstaaten, um<br />
zuerst <strong>die</strong> nationalen statt <strong>der</strong> regionalen Disparitäten in <strong>der</strong> <strong>EU</strong> zu verringern. 601 <strong>Die</strong> relative<br />
Schwäche <strong>der</strong> Regionen würde dann am nationalen <strong>und</strong> nicht am europäischen Durchschnitt<br />
gemessen. Weitere Vorschläge konzentrieren sich auf <strong>die</strong> stärkere Dezentralisierung,<br />
Vereinfachung <strong>und</strong> Konzentration <strong>der</strong> Mittel auf <strong>die</strong> ärmsten Staaten bzw. Regionen sowie<br />
auf <strong>die</strong> Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Schwerpunkte innerhalb <strong>der</strong> Strukturfondsför<strong>der</strong>ung. <strong>Die</strong> meisten <strong>die</strong>ser<br />
Vorschläge geben aber we<strong>der</strong> eine Antwort darauf, wie <strong>die</strong> zukünftige <strong>Regionalpolitik</strong> nach<br />
<strong>der</strong> <strong>Osterweiterung</strong> finanziert werden soll noch wie <strong>die</strong> vorgeschlagenen Reformen in <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-<br />
15 bzw. <strong>EU</strong>-27 durchgesetzt werden können.<br />
<strong>Die</strong> Befürworter des Finanzausgleichsmodells gehen davon aus, daß jede Reform <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-<br />
<strong>Regionalpolitik</strong>, <strong>die</strong> <strong>der</strong>en Kompensationsfunktion außer acht läßt, we<strong>der</strong> in <strong>der</strong> heutigen noch<br />
in <strong>der</strong> erweiterten <strong>EU</strong> durchsetzbar ist <strong>und</strong> deshalb scheitern muß. 602 Eine aussichtsreiche<br />
Reform sollte <strong>die</strong>se Notwendigkeit berücksichtigen <strong>und</strong> gleichzeitig eine Neugestaltung<br />
beinhalten, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se Kompensation zu geringen Kosten bewerkstelligt.<br />
<strong>Die</strong> heutige Struktur- <strong>und</strong> Kohäsionsfondsför<strong>der</strong>ung bedarf eines erheblichen Planungs-, <strong>und</strong><br />
Verwaltungsaufwands sowohl auf <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-Ebene (Europäische Kommission) als auch auf<br />
nationaler Ebene. Nach Berechnungen <strong>der</strong> Kommission erhöht sich <strong>die</strong> Anzahl <strong>der</strong> Ziel-1-<br />
Regionen bei <strong>der</strong> Aufnahme <strong>der</strong> ersten zehn Beitrittskandidaten in <strong>die</strong> <strong>EU</strong> um 37, <strong>die</strong> zu den<br />
46 ohnehin vorhandenen Ziel-1-Regionen <strong>der</strong> heutigen Mitgliedstaaten hinzukommen<br />
würden. 603 Wie bereits erwähnt, ist nicht damit zu rechnen, daß <strong>die</strong> durch <strong>die</strong> <strong>Osterweiterung</strong><br />
“aufgewerteten” Regionen bereit sein werden, auf <strong>die</strong> För<strong>der</strong>mittel zugunsten <strong>der</strong> bedürftigen<br />
598 Vgl. Karl, H.: <strong>Die</strong> Reform <strong>der</strong> Kohäsionspolitik <strong>der</strong> Europäischen Union, in: Caesar, R., Scharrer, H.-E. (Hrsg.): <strong>Die</strong> Zukunft Europas<br />
im Lichte <strong>der</strong> Agenda 2000, Baden-Baden 2000, S. 137-152, S. 148 f., Rolle, C., a.a.O., S. 133.<br />
599 Vgl. Heinemann, F.: <strong>Die</strong> Reformperspektive <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-Finanzverfassung nach den Beschlüssen zur Agenda 2000, in: Caesar, R., Scharrer,<br />
H.-E. (Hrsg.): <strong>Die</strong> Zukunft Europas im Lichte <strong>der</strong> Agenda 2000, Baden-Baden 2000, S. 91-106, S. 102 f., Axt, H.-J., a.a.O., S. 201 f.<br />
600 Vgl. Barnier, M. in: Bün<strong>der</strong>, H., Stabenow, M.: “<strong>Die</strong> <strong>EU</strong> ist mehr als ein Bankschalter”, in: FAZ, Nr. 23, 28.01.2002, S. 3, Weise, Ch.:<br />
<strong>Die</strong> Erweiterung als Herausfor<strong>der</strong>ung für <strong>die</strong> Europäische Union, in: Caesar, R., Scharrer, H.-E. (Hrsg.): <strong>Die</strong> Zukunft Europas im Lichte<br />
<strong>der</strong> Agenda 2000, Baden-Baden 2000, S. 211-220, S. 217 f., Toepel, K.: Zusammenwirken von nationaler <strong>und</strong> europäischer<br />
<strong>Regionalpolitik</strong> in den neuen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n, a.a.O., S. 213 ff., Gabrisch, H., Ragnitz, J.: Regionale Strukturpolitik in einer erweiterten<br />
<strong>EU</strong>: Ein Reformvorschlag, in: Wirtschaft im Wandel Nr. 6/2001, www.iwh-halle.de, S. 143-147, S. 155 f.<br />
601 Vgl. z.B. Weise, Ch.: <strong>Die</strong> Erweiterung als Herausfor<strong>der</strong>ung für <strong>die</strong> Europäische Union, a.a.O., S. 217 <strong>und</strong> Karl, H., a.a.O., S. 148.<br />
602 Vgl. Heinemann, F.: <strong>Die</strong> Reformperspektive <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-Finanzverfassung nach den Beschlüssen zur Agenda 2000, a.a.O., S. 101 f., Rolle,<br />
C., a.a.O., S. 213.<br />
603 Vgl. Eurostat, in: Europäische Kommission: Erster Zwischenbericht über den wirtschaftlichen <strong>und</strong> sozialen Zusammenhalt, a.a.O.,<br />
Anhang, Tabelle 5.