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Die Osterweiterung und die Regionalpolitik der EU - RWTH Aachen ...

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55<br />

Mehrheitsbeschluß künftig <strong>die</strong> Bedingung erfüllt sein, daß mindestens <strong>die</strong> einfache Mehrheit<br />

<strong>der</strong> Mitgliedstaaten zustimmt.<br />

Um Deutschland für seinen Verzicht auf eine höhere Stimmenanzahl im Rat zugunsten von<br />

Frankreich zu entschädigen, wurde zusätzlich ein “demographisches Sicherheitsnetz”<br />

eingebaut (Option einer Überprüfung, ob 62 % <strong>der</strong> Bevölkerung <strong>der</strong> <strong>EU</strong> hinter einer<br />

Entscheidung stehen), das versteckt das stärkere Gewicht Deutschlands wi<strong>der</strong>spiegelt. <strong>Die</strong><br />

Lösung garantiert Deutschland, daß es wegen seiner Bevölkerungsgröße zusammen mit nur<br />

zwei an<strong>der</strong>en großen Mitgliedstaaten jeden Beschluß gegen seine Interessen verhin<strong>der</strong>n kann.<br />

Für <strong>die</strong> an<strong>der</strong>en Staaten verschafft <strong>die</strong>se Klausel keine Vorteile, da von je<strong>der</strong> Entscheidung<br />

mit qualifizierter Mehrheit <strong>und</strong> <strong>der</strong> Mehrheit <strong>der</strong> Staaten mindestens 62 % <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-<br />

Gesamtbevölkerung repräsentiert werden.<br />

Nach dem Gipfel von Nizza hagelte es von allen Seiten Kritik an den getroffenen<br />

Beschlüssen. Angesichts <strong>der</strong> hartnäckigen Weigerung Frankreichs, einer unmittelbar an den<br />

Bevölkerungszahlen orientierten <strong>und</strong> damit in sich wi<strong>der</strong>spruchsfreien Lösung zuzustimmen,<br />

ist das Ergebnis von Nizza ein politisch ausgehandelter Kompromiß, dessen Ungereimtheiten<br />

machtpolitische Erwägungen <strong>und</strong> das Prestigedenken vor allem Frankreichs <strong>und</strong> Spaniens<br />

reflektiert. Nicht nur unter den Beitrittskandidaten, son<strong>der</strong>n auch unter den Altmitglie<strong>der</strong>n<br />

stieß <strong>die</strong> Weigerung des französischen Staatspräsidenten auf Protest, <strong>die</strong> zukünftigen <strong>EU</strong>-<br />

Mitglie<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Stimmenfestlegung nicht gleichberechtigt behandeln zu wollen. <strong>Die</strong>ses<br />

Verhalten brachte den Gipfel zeitweilig an den Rand des Scheiterns. Offensichtlich wollten<br />

<strong>die</strong> Franzosen verhin<strong>der</strong>n, daß <strong>die</strong> MOE-Län<strong>der</strong> nach dem Beitritt im Ministerrat eine<br />

Sperrminorität erreichen <strong>und</strong> damit Beschlüsse <strong>der</strong> Altmitglie<strong>der</strong> blockieren können.<br />

Pikanterweise verlangte J. Chirac im selben Atemzug eine Gleichstellung <strong>der</strong> “Ungleichen”,<br />

nämlich Deutschlands <strong>und</strong> Frankreichs.<br />

Während eine Herabstufung <strong>der</strong> zukünftigen Mitgliedstaaten im vergrößerten Rat noch<br />

korrigiert werden konnte, blieb sie bei <strong>der</strong> Sitzverteilung im Europäischen Parlament (EP)<br />

bezüglich Tschechiens <strong>und</strong> Ungarns erhalten (siehe Tabelle 6). Es stellt sich unweigerlich <strong>die</strong><br />

Frage, wie man in <strong>der</strong> zukünftigen <strong>EU</strong>, in <strong>der</strong> <strong>die</strong> Entscheidungen “möglichst offen <strong>und</strong><br />

möglichst bürgernah getroffen werden” 134 <strong>und</strong> auf den Gr<strong>und</strong>sätzen von Freiheit <strong>und</strong><br />

Demokratie beruhen sollen, 10,29 Mio. tschechischen Bürgern erklären will, warum sie<br />

lediglich mit 20 Stimmen im Europäischen Parlament vertreten sein werden, während<br />

gleichzeitig Portugals 9,98 Mio. Einwohner 22 Volksvertreter zum EP entsenden dürfen.<br />

Solche Abstufungen wi<strong>der</strong>sprechen dem Gr<strong>und</strong>satz proportionaler Repräsentanz in<br />

demokratischen Gremien.<br />

134 <strong>EU</strong>-Vertrag, Art. 1.

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