Die Osterweiterung und die Regionalpolitik der EU - RWTH Aachen ...
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Ende <strong>der</strong> fünfziger Jahre befand sich das Land daher in einer langen, tiefen<br />
Wirtschaftsdepression mit einer Wirtschaftsleistung von deutlich unter 60 % BIP pro Kopf im<br />
Vergleich zu den Staaten <strong>der</strong> späteren EG-12 <strong>und</strong> einem Wirtschaftswachstum von weniger<br />
als 1 % pro Jahr. <strong>Die</strong> trotz <strong>der</strong> Wirtschaftsmisere noch immer gegen eine europäische Öffnung<br />
eingestellte Regierung verweigerte noch in den Gesprächen mit <strong>der</strong> EFTA in den Jahren 1956<br />
bis 1958 <strong>die</strong> Öffnung des Landes in Richtung Freihandel. 258 Als eine wesentliche Ursache<br />
<strong>die</strong>ser Entwicklung ist <strong>die</strong> unter stark klerikal-konservativem Einfluß stehende Politik zu<br />
benennen, <strong>die</strong> ihre Orientierung eher in <strong>der</strong> katholischen Soziallehre als in <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung des<br />
freien Unternehmertums suchte.<br />
Erst im Jahr 1958 wurde <strong>die</strong> Wende in <strong>der</strong> wirtschaftspolitischen Gr<strong>und</strong>orientierung<br />
eingeleitet. Nicht mehr <strong>die</strong> ideologische Ausrichtung gegen England <strong>und</strong> <strong>die</strong> auferlegte<br />
Selbstgenügsamkeit sollten im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> stehen, son<strong>der</strong>n <strong>die</strong> wirtschaftliche Wohlfahrt das<br />
Landes <strong>und</strong> seiner Bürger.<br />
<strong>Die</strong> damalige Regierung bemühte sich in <strong>der</strong> Folge in ihrer Politik vor allem darum,<br />
ausländische Investoren ins Land zu holen, um <strong>die</strong> Industrialisierung des Landes<br />
voranzubringen. <strong>Die</strong> bereits 1949 gegründete Industrial Development Authority (IDA) warb<br />
nunmehr verstärkt um ausländisches Kapital, <strong>und</strong> mittels des “Whittaker Plan for Economic<br />
Development” (benannt nach dem damaligen Staatssekretär Whittaker) wurde <strong>die</strong><br />
Industrieför<strong>der</strong>ung als Instrument regionaler Entwicklungspolitik eingesetzt. In <strong>die</strong>ser Zeit<br />
begann erstmals <strong>die</strong> Idee zu greifen, neben günstigen steuerlichen Bedingungen <strong>die</strong><br />
ausländischen Investoren auch durch fertige Industrieparks (Industrial Estates) mit bereits<br />
vorgefertigten Fabrikhallen <strong>und</strong> Infrastruktureinrichtungen für eine Ansiedlung zu<br />
interessieren. Zunächst entstanden daher in einigen Ballungszentren <strong>und</strong> später im ganzen<br />
Land immer mehr solcher Einrichtungen. 259<br />
Als Konsequenz aus <strong>der</strong> beginnenden Öffnung des Landes reifte Ende <strong>der</strong> 50er Jahre <strong>der</strong><br />
Entschluß, sich um eine Mitgliedschaft in <strong>der</strong> damaligen EWG zu bewerben. Dabei spielte<br />
auch <strong>der</strong> Gedanke eine Rolle, daß Großbritannien einen Antrag auf Mitgliedschaft in <strong>der</strong><br />
EWG stellen könnte, was bei gleichzeitiger Nichtmitgliedschaft Irlands unter Umständen zur<br />
Folge gehabt hätte, daß <strong>der</strong> Marktzugang zum bis dahin größten Außenhandelspartner<br />
beson<strong>der</strong>s im Agrarbereich deutlich schwieriger geworden wäre. Zusätzlich sprach für <strong>die</strong>sen<br />
Antrag, daß <strong>der</strong> EWG-Markt für Agrarprodukte im Vergleich zum britischen Markt aus<br />
irischer Sicht als Hochpreismarkt angesehen wurde, wodurch <strong>die</strong> irischen Landwirte einem<br />
EWG-Beitritt ausgesprochen positiv gegenüberstanden.<br />
258 Vgl. Driever, K.: <strong>Die</strong> Wirtschaftseuropäer: Irland in <strong>der</strong> EG/<strong>EU</strong>, Baden-Baden 1996, S. 61.<br />
259 So waren im Jahr 1969 bereits 43 Unternehmen mit 6 700 Beschäftigten allein auf dem ältesten Industriepark ”Shannon Free Airport<br />
Estate” tätig. Zum Vergleich: In ganz Irland waren zum gleichen Zeitpunkt 262 ausländische Firmen aktiv.