Leitlinien zur Erstellung sozioökonomischer ... - ECHA - Europa
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SOZIOÖKONOMISCHE ANALYSE – ZULASSUNG<br />
192<br />
Ebenso entspricht im Falle eines Unternehmens, das in die Modernisierung seiner vorhandenen<br />
Maschinen investiert, der Wert des dadurch erzielten zusätzlichen Outputs der<br />
„Grenzproduktivität des Kapitals“ für diese spezielle Investition. In Fortsetzung dieser Analogie<br />
können beispielsweise Neuinvestitionen in das öffentliche Bildungswesen zu einer besser<br />
ausgebildeten Gesellschaft und Arbeitnehmerschaft führen. In diesem Falle könnte die<br />
„Grenzproduktivität des Kapitals“ in produktiveren Arbeitskräften oder Einsparungen durch<br />
einen geringeren Schulungsaufwand bestehen. Unter der Annahme, dass der Konsum<br />
kontinuierlich wächst (wie dies im letzten Jahrhundert der Fall war), impliziert ein sinkender<br />
Grenznutzen des Konsums, dass künftiger zusätzlicher Konsum weniger wert ist als heutiger<br />
Konsum.<br />
Häufig wird das Risiko als dritter Grund für die Diskontierung genannt. Gemeint ist die mit<br />
bestimmten Kosten und Nutzen (einer bestimmten Partei) verbundene Unsicherheit, die sich häufig<br />
darin niederschlägt, dass für die Beschaffung der diesbezüglichen finanziellen Mittel zu<br />
unterschiedlichen Zeitpunkten ein Zinsaufschlag verlangt wird. Bei der Diskontierung wird implizit<br />
davon ausgegangen, dass ein solcher Spread möglich ist. Bei der Evaluierung von<br />
Investitionsvorhaben ist ein derartiger Risikoaufschlag gemeinhin üblich. Für eine SEA empfiehlt<br />
es sich jedoch, solche Kosten als gesonderten Posten zu verbuchen und nicht über den<br />
Diskontierungssatz, da dieser den allgemeinen Preis für das Warten widerspiegelt und das Risiko<br />
ausschließlich mit bestimmten Kosten und Nutzen in Zusammenhang steht.<br />
Wie oben festgestellt, führt die Diskontierung dazu, dass Auswirkungen, die weiter in der Zukunft<br />
auftreten werden, einen geringeren Barwert haben als kurzfristige Auswirkungen. Daher wurde<br />
vorgebracht, dass für bestimmte ökologische, gesundheitliche und generationenübergreifende<br />
Auswirkungen keine Diskontierung angewendet werden sollte. Viele der diesbezüglich angeführten<br />
Argumente sind im Wesentlichen moralischer Natur: Ist beispielsweise ein Todesfall nach fünf<br />
Jahren weniger schwerwiegend als ein Todesfall nach zwei Jahren? Sollte man von jeglichen<br />
derartigen Vergleichen im Zuge der wirtschaftlichen Evaluierung Abstand nehmen?<br />
Diese Überlegungen sind durchaus angebracht und sollten daher bei der Würdigung und<br />
Berichterstattung gesondert betrachtet werden. Allerdings trifft es ebenso zu, dass in der Praxis<br />
Menschen, Unternehmen und Regierungen in ihren alltäglichen Entscheidungen solche<br />
Abwägungen vornehmen. Es empfiehlt sich, diesbezüglich nicht eine implizite, sondern vielmehr<br />
eine explizite Vorgehensweise zu wählen, um Einblicke in die (möglichen) Folgen und die mit der<br />
betreffenden Entscheidung verbundenen Abwägungen zu gewinnen.<br />
D.2 Wahl des Diskontierungssatzes<br />
Die Wahl des Diskontierungssatzes kann das Ergebnis des Vergleichs der verschiedenen<br />
Auswirkungen innerhalb der SEA verändern. Treten beispielsweise einige Kosten vorwiegend in<br />
der Zukunft auf, würde die Verwendung eines hohen Diskontierungssatzes für sich genommen<br />
bereits den Barwert dieser Kosten verringern. Dies ist von besonderer Bedeutung, wenn der zu<br />
betrachtende Zeitraum eher lang sein muss; ein relativ hoher Diskontierungssatz sorgt effektiv<br />
dafür, dass Wirkungen, die in fernerer Zukunft liegen, praktisch keinerlei Gewicht beigemessen<br />
wird.<br />
Die nachstehende Tabelle zeigt den Nutzen eines vermiedenen Krankheitstages unter Verwendung<br />
einer hypothetischen Schätzung von 200 EUR. Es wird deutlich, wie sich der Diskontierungsfaktor<br />
in Abhängigkeit vom Diskontierungssatz und dem Zeitpunkt der Auswirkung ändert. Darüber<br />
hinaus ist der Tabelle zu entnehmen, dass bei einem Diskontierungssatz von 4 % die geschätzten<br />
Einsparungen durch einen vermiedenen Krankheitstag im 10. Jahr mit 135,11 EUR, im 100. Jahr