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Roseln mitten in Siebenbürgen

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Standortbestimmung<br />

ause<strong>in</strong>anderdriftende Wissens­ und Lebenserkenntnisse, räumliche Trennungen, die<br />

von ke<strong>in</strong>em Telefon oder Fernsehen dieser Welt überwunden werden können, zunehmende<br />

Differenzierung und damit Vere<strong>in</strong>samung <strong>in</strong> Millionenstädten.<br />

Was war <strong>Roseln</strong> <strong>in</strong> jenen 800 Jahren? E<strong>in</strong>e Schicksalsgeme<strong>in</strong>schaft – auch damals<br />

nicht ohne Vere<strong>in</strong>samungen. Wir denken an den Rosler Hans Mägest, der 1444 <strong>in</strong> der<br />

Schlacht bei Varna <strong>in</strong> türkische Gefangenschaft fiel und erst 14 Jahre später nach <strong>Roseln</strong><br />

zurückkehren konnte, oder an Esther Bierkoch, die 1813 erst drei Tage nach ihrem Tode<br />

gesucht und schließlich unter ihrem Bett tot aufgefunden wurde. Doch die Geme<strong>in</strong>schaft,<br />

die durch Jahrhunderte Burg und Kirche baute und pflegte, die Äcker, Wälder<br />

und Wiesen „besorgte“, Freud und Leid <strong>in</strong> Nachbarschaft geme<strong>in</strong>sam durchlebte, hat<br />

bis heute überdauert und beweist sich als solche, <strong>in</strong>dem sich 2006 zum Treffen fast 600<br />

e<strong>in</strong>fanden, die sich immer noch Rosler nennen. Mit Recht.<br />

Der abgegrenzte Raum, dem wir uns zuwenden, ist der Hattert der Geme<strong>in</strong>de <strong>Roseln</strong>,<br />

und von Interesse ist alles, was darauf lebte, gebaut wurde und geschah. Eigentlich<br />

<strong>in</strong>teressiert uns – mit den Erbteilungsprotokollen gesprochen – alles „bewegliche und<br />

unbewegliche Gut“, samt se<strong>in</strong>en Veränderungen <strong>in</strong> der Zeit.<br />

Noch e<strong>in</strong>e wichtige Feststellung: Gegenwart ist nicht die physikalische Zeit, die <strong>in</strong><br />

Stunden und M<strong>in</strong>uten, <strong>in</strong> Tagen und Jahren, gar <strong>in</strong> Zehntel­ oder Hundertstelsekunden<br />

gemessen wird, sondern wir messen sie <strong>in</strong> E<strong>in</strong>heiten unserer Empf<strong>in</strong>dungen. E<strong>in</strong> Wort<br />

kann als solches überragende Bedeutung gew<strong>in</strong>nen. Der Ruf „Verrat“ oder „Licht aus“<br />

statt der Frage „Wen suchet ihr?“ kann über Tod und Leben entscheiden. 1 Meist aber<br />

gehören Worte <strong>in</strong> den Zusammenhang e<strong>in</strong>es vollständigen Satzes oder <strong>in</strong> den von Rede<br />

und Gegenrede.<br />

In der Wiederholung von Gesagtem wird Vergangenheit noch e<strong>in</strong>mal Gegenwart.<br />

Es ist die Gewalt des Wortes, dass es Zeit überdauern, überbrücken, erneuern kann. So<br />

gew<strong>in</strong>nt es unter uns Gestalt. Es wird sozusagen wieder Fleisch.<br />

Die Sicht des Verfassers<br />

<strong>Roseln</strong>s Geschichte soll vergegenwärtigen, was längst <strong>in</strong>s Dunkel der Geschichte<br />

h<strong>in</strong>abgesunken ist, zum Teil so tief, dass es nur noch erahnt werden kann. „Vergegenwärtigen“<br />

ist e<strong>in</strong> Akt, längst Vergangenes <strong>in</strong> unsere Gegenwart zu erheben. Wir tun gut<br />

daran, uns das Unmögliche solchen Unterfangens bewusst zu machen. Immer projizieren<br />

wir dabei Gegenwärtiges <strong>in</strong>s Vergangene. Dazu kurz etwas über die Bedeutung der<br />

Zeit und der Er<strong>in</strong>nerung.<br />

Die Gesamtheit der l<strong>in</strong>earen Zeit verb<strong>in</strong>det Vergangenheit mit der Zukunft durch die<br />

Gegenwart, die weder Tage noch Stunden dauert, sondern aus – mit ke<strong>in</strong>em Instrument<br />

messbaren – unterschiedlich empfundenen, kürzesten Zeite<strong>in</strong>heiten besteht. Gegenwart<br />

ist unser ewiges Jetzt, zwischen den nächstfolgenden Augenblicken, über die wir noch<br />

nicht verfügen, und den eben vergangenen, die wir nicht mehr ändern können. Gegenwart<br />

s<strong>in</strong>d diese Augenblicke, <strong>in</strong> denen wir <strong>in</strong> diesem Buch lesen und uns im Laufe der<br />

Stunden, die wir dafür brauchen, die Geschichte <strong>Roseln</strong>s „vergegenwärtigen“.<br />

1 Vgl. dazu den Tod von Pfarrer Adolf Lutsch.<br />

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